Schwere Phasen und Selbsthilfe: Die Wirkung von Selbsthilfegruppen auf dein mentales Wohlbefinden

Fachlich geprüft von Baran Erdik, Dr. med., mag. rer. publ. und Dora Matis, Dr. med.
Aktualisiert 8. Oktober 2025 von BetterHelp Redaktionsteam
Der folgende Artikel könnte Themen behandeln, die mit traumatischen Erfahrungen in Zusammenhang stehen und für den Leser auslösend sein könnten, einschließlich Suizid, Drogenmissbrauch oder Missbrauch.
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Depressive Verstimmung ist eine ernst zu nehmende Herausforderung, die Millionen Menschen weltweit betrifft. Sie beeinflusst nicht nur die Seele, sondern auch den Körper und kann das gesamte Leben beeinträchtigen. In diesem Artikel beleuchten wir die wichtige Rolle von Selbsthilfegruppen im Umgang mit depressiven Phasen und stellen weitere Strategien vor, die dein mentales Wohlbefinden unterstützen können.

Ein älterer Mann sitzt an seinem Küchentisch und blickt gedankenverloren in die Ferne.
Getty/ljubaphoto
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Was ist eine Depression?

Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Laut Weltgesundheitsorganisation sind etwa 322 Millionen Menschen weltweit von Depressionen betroffen. In Deutschland wird die Zahl auf etwa 4 Million geschätzt.

Typische Symptome sind anhaltende Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit,  Schlaflosigkeit und das Gefühl, keine Freude mehr empfinden zu können. Diese Symptome können in ihrer Intensität variieren und die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigen. Je früher man sich mit den eigenen seelischen Herausforderungen auseinandersetzt und gezielt Unterstützung sucht, desto eher lassen sich belastende Phasen positiv beeinflussen und neue Wege im Alltag finden.

Solche Tiefphasen können ganz unterschiedlich ausgeprägt sein – von vorübergehender Niedergeschlagenheit bis hin zu tiefergehenden Belastungen. In der Fachwelt werden sie in verschiedene Formen eingeteilt, um besser zu verstehen, wie sie sich zeigen und wie man damit umgehen kann. Dazu gehören unter anderem:

    • Major Depressive Disorder (MDD): Eine schwere Form der Depression mit anhaltender Niedergeschlagenheit, Energieverlust und Interessenverlust.
    • Persistierende Depressive Störung (Dysthymie): Eine chronische, weniger schwere, aber lang anhaltende Form der Depression.
    • Bipolare Störungen: Episoden von Depression wechseln sich mit manischen oder hypomanischen Phasen ab.
    • Prämenstruelle Dysphorische Störung (PMDD): Eine schwere depressive Verstimmung, die zyklisch im Zusammenhang mit dem Menstruationszyklus auftritt.
    • Substanz-/Medikamenteninduzierte Depressive Störung: Depressionen, die durch Substanzen wie Alkohol oder Drogen ausgelöst werden.

Wenn du mit Drogenmissbrauch zu kämpfen hast, kontaktiere die Sucht & Drogen Hotline unter 01806 313 031, um Unterstützung und weitere Hilfsangebote zu erhalten. Unterstützung ist von 8-24 Uhr verfügbar.

Die Diagnose einer Depression basiert auf festgelegten Kriterien des DSM-5 und wird von Ärzten gestellt. Eine frühzeitige Behandlung ist entscheidend für den Krankheitsverlauf

Selbsthilfe bei anhaltender Niedergeschlagenheit und Antriebsarmut

Selbsthilfe spielt eine zentrale Rolle im Umgang mit depressiven Phasen. Sie bietet die Möglichkeit, Eigenverantwortung zu übernehmen und aktiv zur Verbesserung beizutragen. Das kann durch Austausch in Selbsthilfegruppen, Tagesstruktur, Bewegung oder soziale Kontakte geschehen. Solche Maßnahmen können eine wertvolle Unterstützung im Alltag sein – gerade dann, wenn professionelle Begleitung (noch) nicht in Anspruch genommen wird oder ergänzend wirken soll.

Selbsthilfe kann in schwierigen Phasen eine wichtige Stütze sein – besonders als Ergänzung zu fachlicher Unterstützung. Bei tiefergehenden seelischen Belastungen reicht sie allein jedoch nicht immer aus.

Während bei leichten depressiven Episoden Maßnahmen wie soziale Unterstützung, Bewegung oder Strukturierung des Alltags helfen können, benötigen Menschen mit mittelschweren bis schweren Depressionen in der Regel eine professionelle ärztlich-medizinische und/oder medikamentöse Behandlung. Unbehandelte schwere Depressionen erhöhen das Risiko für Chronifizierung und Suizidalität. Eine diagnostische Abklärung durch Fachpersonal ist daher essenziell.

Was sind Selbsthilfegruppen?

Doch was genau sind Selbsthilfegruppen? Selbsthilfegruppen bestehen aus Menschen, die ähnliche Erfahrungen oder Herausforderungen teilen und sich regelmäßig treffen, um sich gegenseitig zu unterstützen. 

Wirkung von Selbsthilfegruppen auf dein Wohlbefinden

Die Vorteile dieser Gruppen gehen weit über den bloßen Austausch hinaus. Studien und Erfahrungsberichte zeigen, dass Selbsthilfegruppen positive Auswirkungen auf dein mentales Wohlbefinden haben können: Personen, die an Selbsthilfegruppen teilnehmen, können mit ihrer Erkrankung gesünder umgehen, teilen Erfahrungen über Behandlungsmöglichkeiten, haben weniger Angst und können ihr Selbstbewusstsein stärken.

Emotionale Unterstützung

In einer Selbsthilfegruppe treffen Menschen aufeinander, die ihre Herausforderungen und Erfahrungen nachvollziehen können. Dieses Gefühl des Verstandenwerdens ist besonders wertvoll, da es Betroffenen hilft, ihre Gefühle zu akzeptieren und besser mit ihnen umzugehen. Oft haben die Mitglieder das Gefühl, nicht allein zu sein, was das Risiko von Isolation und Einsamkeit reduziert. Darüber hinaus fördern die Gespräche und der Austausch in der Gruppe ein stärkeres emotionales Wohlbefinden, da belastende Gefühle wie Scham oder Schuldgefühle abgebaut werden können.

Praktische Tipps für den Alltag

Ein weiterer zentraler Vorteil von Selbsthilfegruppen ist die Vermittlung praktischer Ratschläge. Die Teilnehmer teilen in der Regel ihre eigenen Erfahrungen, geben Hinweise zu bewährten Strategien im Umgang mit den Lebensumständen und berichten über hilfreiche Techniken oder Ansprechspartner. Diese Tipps basieren oft auf direkter, persönlicher Erfahrung und können deshalb besonders praxisnah umgesetzt werden. 

Ermutigung und Hoffnung

Der Austausch mit Menschen, die ähnliche Herausforderungen erfolgreich bewältigt haben oder sich auf einem guten Weg befinden, kann eine große Quelle der Hoffnung und Motivation für Betroffene sein. Die Geschichten von anderen Menschen, die mit dem gleichen “Kampf” umgehen müssen, können inspirieren und Mut machen, neue Wege auszuprobieren und nicht aufzugeben. Insbesondere für Menschen, die sich in schwierigen Lebensphasen befinden, kann die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe Hoffnung geben und ihnen zeigen, dass Besserung möglich ist.

Ein Mann sitzt auf einem Stuhl und konzentriert sich auf seinen Laptop.
Getty/DedMityay

Lichtblicke im Alltag spüren

Die positiven Auswirkungen von Selbsthilfegruppen gehen oft über die gegenseitige Ermutigung hinaus. Zudem kann der regelmäßige Besuch solcher Gruppen die Symptome und den Leidensdruck  lindern. Teilnehmer berichten häufig von einer verbesserten Lebensqualität, einer stärkeren Selbstwirksamkeit und einem gestärkten Vertrauen in den eigenen Genesungsprozess.

Selbsthilfegruppen sind somit weit mehr als ein Ort des Austauschs – sie sind eine wirksame Methode zur Unterstützung der Gesundheit, die langfristig zur ganzheitlichen Genesung führen kann. 

Zusätzliche Wege zur Förderung der Genesung

Lass uns nun auf weitere Selbsthilfeansätze eingehen, die einfach in den Alltag integrierbar sind und hilfreich sein können sowohl das psychische, als auch körperliche Wohlbefinden zu unterstützen.

Routinen etablieren 

Eine strukturierte Tagesplanung kann dazu beitragen, emotionale Belastungen zu bewältigen. Feste Zeiten für Schlafen, Essen und Freizeitaktivitäten können Betroffenen das Gefühl von Halt und Kontrolle vermitteln. Das kann das Risiko, dass negative Gedanken Oberhand gewinnen, minimieren. Eine feste Struktur gibt nicht nur Sicherheit, sondern hilft auch dabei, Motivation und Aktivität schrittweise zurückzugewinnen. Aktivitäten wie Spaziergänge oder kurze Haushaltstätigkeiten können den Einstieg in ein neues, positiveres und gesünderes Leben erleichtern. 

Soziale Kontakte

Soziale Kontakte spielen eine zentrale Rolle bei der Bewältigung von gedrückter Verstimmung und Perspektivlosigkeit. Menschen sind soziale Wesen, und das Gefühl der Verbundenheit kann wesentlich dazu beitragen, den Heilungsprozess zu unterstützen. Regelmäßiger Austausch mit Familie, Freunden oder anderen Vertrauenspersonen kann helfen, die Last der Erkrankung zu teilen und emotionale Unterstützung zu erfahren. Für Betroffene, die Schwierigkeiten haben, mit ihrem bestehenden sozialen Umfeld über ihre Erkrankung zu sprechen, bieten Selbsthilfegruppen eine wichtige Alternative. 

Gruppenaktivitäten 

Neben Selbsthilfegruppen können auch gemeinsame Aktivitäten wie gemeinsame Kochabende, Spaziergänge oder kreative Gruppenprojekte helfen, soziale Bindungen zu stärken und das Selbstwertgefühl zu fördern. Solche Erlebnisse vermitteln das Gefühl, gebraucht zu werden, und schaffen positive Erinnerungen, die im Umgang mit der Depression hilfreich sein können. Für viele Betroffene kann der Aufbau eines neuen sozialen Netzes, beispielsweise durch die Teilnahme an Sport-, Sprach-,  oder Kreativ-Kursen, ein wichtiger Bestandteil ihrer Selbsthilfe sein.

Bewegung und Sport 

Bewegung ist ein Schlüsselfaktor zur Stimmungsaufhellung. Studien der Universitätsklinik für Psychiatrie der Ruhr-Universität Bochum zeigen, dass Bewegung nicht nur depressive Symptome mindern kann, sondern auch die Veränderungsbereitschaft im Gehirn verstärkt, die eine wichtige Voraussetzung für Anpassungsprozesse ist. Dazu setzt regelmäßige körperliche Aktivität Endorphine frei, die als natürliche Stimmungsaufheller wirken. Weitere Studien zeigen, dass bereits 30 Minuten moderater Bewegung pro Tag depressive Symptome erheblich mindern können. Es muss kein intensives Training sein – Spaziergänge, Radfahren oder Yoga reichen oft aus, um positive Effekte zu erzielen. Sport hilft nicht nur, Stress abzubauen, sondern fördert auch das Selbstbewusstsein. 

Sport und die positiven Effekte in dem Prozess

Studien zeigen, dass regelmäßige Bewegung das seelische Wohlbefinden fördern und bei anhaltender Niedergeschlagenheit oder innerer Anspannung unterstützend wirken kann. Körperliche Aktivität regt die Ausschüttung stimmungsaufhellender Botenstoffe wie Endorphine an und kann helfen, wieder mehr Antrieb und Lebensfreude zu spüren. Allerdings ersetzt Sport keine professionelle oder medikamentöse Behandlung bei schweren Zustandsbildern. Vielmehr sollte Bewegung als eine von mehreren Strategien in einem multimodalen Behandlungskonzept genutzt werden 

Wie kann professionelle helfen, wenn die Stimmung über längere Zeit gedrückt ist?

Einer der effektivsten Möglichkeiten ist die professionelle Unterstützung durch eine ausgebildete Fachkraft. Diese Möglichkeit bietet den Betroffenen Werkzeuge, um mit ihren Gefühlen und Gedanken umzugehen, und hilft dabei, Verhaltensmuster zu ändern, die zur Erkrankung beitragen können. Je nach Schwere des Zustandes können unterschiedliche Unterstützungsarten zum Einsatz kommen:

  1. Kognitive verhaltensorientierte Ansätze(KVT): Sie helfen, negative Denkmuster zu erkennen und durch positive zu ersetzen.

  2. Psychodynamische Methode: Diese Art von Unterstützung beleuchtet vergangene Erfahrungen und deren Einfluss auf das aktuelle Erleben. Ein Erfolg wird durch Symptomreduktion und strukturelle Veränderungen vermerkt. 

  3. Medikamentöse Behandlung: In Kombination mit Gesprächen können Antidepressiva helfen, die Symptome zu lindern. Die Indikationsstellung und Verordnung erfolgen nur durch ärztlich-psychiatrisches Fachpersonal. 

  4. Hypnose: Hypnose als Methode kann Betroffenen dabei helfen, unterdrückte Gefühlen wie Schmerz, Wut oder Angst in Trance zu begegnen. Ziel ist es, den Ursachen der Erkrankung auf den Grund zu gehen und diese anschließend aufzulösen. 

Eine Frau sitzt an einem Tisch und lächelt, während sie an ihrem Laptop tippt.
Getty/milorad kravic
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Die professionelle Unterstützung ist oft und für viele der erste Schritt auf dem Weg zur Heilung und kann Betroffenen helfen, einen langfristigen Umgang mit ihrer Erkrankung zu finden.Fazit

Fazit

Selbsthilfegruppen und eine psychologische Beratung gehen Hand in Hand, wenn es darum geht, herausfordernde Lebensphasen zu bewältigen. Während Selbsthilfegruppen den Austausch mit anderen Betroffenen ermöglichen, bieten die Beratungsgespräche individuelle und maßgeschneiderte Unterstützung und fundierte Behandlungsmethoden. Online-Beratung erweitert die Möglichkeiten, Hilfe zu erhalten, und stellt sicher, dass Betroffene auch unter schwierigen Bedingungen Zugang zu professioneller Unterstützung haben. Darüber hinaus können einfache Maßnahmen wie ein fester Tagesablauf, soziale Kontakte und moderate Bewegung den Genesungsprozess unterstützen. Der wichtigste Schritt bleibt, die Beschwerden ernst zu nehmen, sich Hilfe zu suchen und den Weg zur Besserung aktiv zu beginnen.

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