Atychiphobie: Wie werde ich die Angst vorm Scheitern los?

Fachlich geprüft von Dora Matis, Dr. med.
Aktualisiert 9. September 2025 von BetterHelp Redaktionsteam

Die Angst vor dem Scheitern, auch bekannt als Atychiphobie, ist ein weit verbreitetes psychologisches Phänomen, das viele Menschen daran hindert, ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Diese Versagensangst kann in unterschiedlichen Lebensbereichen auftreten – sei es im Beruf, in Beziehungen oder in Bezug auf persönliche Träume und Visionen. Aber was genau steckt hinter dieser Angst, und wie kann man sie Schritt für Schritt überwinden? In diesem Artikel erklären wir die Ursachen, Anzeichen und mögliche Wege zur Bewältigung.

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Was ist Atychiphobie?

Atychiphobie leitet sich von den griechischen Wörtern „atyches“, was für Unglück oder Unfall steht, und „phobos“, was Angst bedeutet, ab. Sie bezeichnet die irrationale Angst davor, Fehler zu machen oder zu versagen. Anders als bei einer gesunden Sorge, die uns motivieren kann, besser zu werden, wirkt Atychiphobie lähmend. Betroffene vermeiden riskante Situationen oder Herausforderungen, aus Angst, den Erwartungen nicht gerecht zu werden.

Ursachen 

Die Ursachen dieser Angst können vielschichtig sein und häufig auf negative Erfahrungen in der Vergangenheit zurückgeführt werden. Grundsätzlich können die Ursachen auf ein geringes Selbstbewusstsein und ein labiles Selbstwertgefühl zurückgeführt werden – zumindest wird dies als Verstärker von Atychiphobie angesehen. 

Hier haben wir weitere mögliche Auslöser zusammengefasst:

  1. Frühere Niederlagen: Ein außergewöhnlich überwältigendes Erlebnis, bei dem man gescheitert ist, kann tiefe Spuren hinterlassen. Solche Erlebnisse prägen oft die Wahrnehmung und Erwartungshaltung für zukünftige Herausforderungen.

  2. Perfektionismus: Menschen mit der Tendenz, hohe Ansprüche an sich selbst zu haben, neigen dazu, jeden Fehler als Versagen zu werten. Dieser innere Druck verstärkt die Angst.

  3. Gesellschaftlicher Leistungsdruck: Erwartungen von Familie, Freund:innen, Lehrer:innen oder Kolleg:innen können zusätzlichen Stress verursachen und die Angst weiter fördern.

  4. Kulturelle Einflüsse: In Kulturen, die Erfolg stark bewerten, kann das Scheitern als beschämend empfunden werden, was Panik und Vermeidungsverhalten auslöst.

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Anzeichen der Angst vor dem Scheitern

Atychiphobie kann sich sowohl auf emotionaler als auch auf physischer Ebene manifestieren. Zu den häufigsten Anzeichen gehören:

Emotionale Symptome:

Übermäßige Sorgen und Grübeln können Anzeichen dafür sein, eine Versagensangst zu entwickeln. Betroffene haben auch oft Gefühle, nicht genug zu sein, oder verhalten sich so, dass sie bestimmte Situationen oder Erfahrungen vermeiden. Ein weiteres emotionales Symptom ist die Selbstsabotage. 

Körperliche Symptome:

Zu den physischen Symptomen gehören: Herzrasen, Schwitzen, Zittern oder Atemnot. 

Verhaltensmuster:

Zu der Atychiphobie gehören auch Verhaltensmuster, wie Prokrastination, mangelndes Selbstvertrauen und der Widerwille, Risiken einzugehen.

Auswirkungen auf das Leben

Die Angst vor dem Scheitern kann erhebliche Auswirkungen auf verschiedene Lebensbereiche haben:

  1. Berufliche Entwicklung: Betroffene wagen es oft nicht, sich für neue Positionen oder Projekte zu bewerben, aus Angst, den Anforderungen nicht gerecht zu werden.
  2. Persönliche Beziehungen: Die Furcht vor Ablehnung oder Konflikten kann zu einem Rückzug aus zwischenmenschlichen Gesprächen und Beziehungen führen.
  3. Persönliches Wachstum: Die Vermeidung von Herausforderungen hindert Betroffene daran, die Möglichkeit, neue Fähigkeiten zu erlernen und sich weiterzuentwickeln.

Strategien zur Überwindung 

Die gute Nachricht ist, dass es wirksame Ansätze und erprobte Methoden gibt, um Atychiphobie zu bewältigen. Im folgenden werden wir genauer auf die unterschiedlichen Bewältigungsstrategien eingehen: 

Ursachen erforschen

Als Erstes ist es wichtig, die Ursachen der Angst zu erkennen. Dazu kannst du dir folgende Fragen stellen: 

  • Woher kommt diese Angst?
  • Wird diese Angst in einer bestimmten Situation oder durch eine bestimmte Person hervorgerufen? 
  • Was genau verspüre ich in dem Moment? Was geht mir durch den Kopf, und wo in meinem Körper verspüre ich die Angst?
  • Was sind die Nuancen der Angst? 

Unser Tipp: Hier kannst du dir auch ein Tagebuch zur Hand nehmen. Denn das Führen eines Tagebuchs kann dir dabei helfen, bestimmte Muster zu erkennen und die eigenen Gedanken besser zu verstehen und zu verarbeiten. 

Negative Gedanken hinterfragen

Des Weiteren wird die Atychiphobie oft durch katastrophale Gedanken verstärkt. Auch hier kannst du dir bestimmte Fragen stellen: 

  • Ist diese Angst realistisch?
  • Was ist das Schlimmste, was passieren könnte?
  • Welche Beweise sprechen für oder gegen meine Annahmen?
  • Was würde passieren, wenn ich mich dieser Angst stellen würde? 
  • Kann ich mir Unterstützung holen, oder fühle ich mich sicher genug, um mich mit dieser Angst zu konfrontieren?
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Selbstmitgefühl kultivieren 

Nun ist es auch wichtig, über Selbstmitgefühl zu sprechen und dieses zu kultivieren. Zu keinem Zeitpunkt hast du dir diese Angst aktiv ausgesucht. Perfektionismus und harsche Selbstkritik können nur deine Angst verstärken.

Also: Lerne dir selbst, mit Verständnis und Nachsicht zu begegnen. Wie würdest du einer geliebten Person begegnen, die dir von ihrer Versagensangst erzählt? Spreche mit dir selbst, als wärst du diese Person. Dafür kannst du beginnen einen positiven inneren Dialog zu kultivieren:

  • Ich habe mich einem Lernprozess hingegeben und wachse. 
  • Ich stelle mich einer mir neuen Situation und tue mein Bestes.
  • Ich bin stolz auf mich selbst, dass ich es mir erlaube, Neues zu lernen und aus meiner Komfortzone zu gehen. 
  • Ungewissheit gehört zum Lernprozess dazu. 

Kleine Schritte gehen

Beginne mit kleinen Herausforderungen, um deine Komfortzone schrittweise zu erweitern. Setze dir erreichbare Ziele und belohne dich für deine Fortschritte. Wenn du dich zum Beispiel davor scheust, neue Menschen kennenzulernen: Setze dich in ein neues Café mit deinem Lieblingsbuch und setze dich erstmal neuen Menschen aus. Bestelle dir daraufhin dein Lieblingsgebäck und belohne dich dafür. 

Konfrontation mit der Angst

Betroffene von Versagensangst neigen dazu, Situationen, die Angst auslösen, zu vermeiden, was die Angst nur noch verstärkt. Stattdessen kannst du dich bewusst solchen Situationen stellen, um zu lernen, mit der Angst umzugehen. 

Mindfulness und Meditation

Achtsamkeitsübungen können helfen, ängstliche Gedanken zu beruhigen und den gegenwärtigen Moment bewusst wahrzunehmen und präsent zu bleiben. Studien zeigen, dass regelmäßige Meditation langfristig Stress reduzieren und das Denken und Handeln positiv beeinflussen kann. 

Wege zur Bewältigung deiner Ängste

Wenn die Angst, zu versagen, deinen Alltag stark beeinträchtigt oder überwältigend wird, ist es wichtig, sich professionelle Unterstützung zu suchen. Es gibt verschiedene Herangehensweisen, die helfen können, diese Angst zu bewältigen und langfristig Selbstvertrauen aufzubauen. Im Folgenden haben wir einige der wirksamsten Methoden für dich zusammengefasst:

Kognitive Verhaltenstechniken

Dieser Ansatz gehört zu den am häufigsten eingesetzten und wirksamsten Methoden im Umgang mit Ängsten, einschließlich Versagensangst. Ziel ist es, negative Denkmuster, wie Selbstkritik oder unrealistische Erwartungen, zu identifizieren und durch konstruktive Gedanken zu ersetzen und so zu lösen. Geschultes Fachpersonal begleitet Betroffene in diesem Prozess, sich dieser Denkmuster bewusst zu werden und alternative Sichtweisen zu entwickeln. Sie lernen, problematische Gedankengänge zu hinterfragen und sie durch realistische, positive Überzeugungen zu ersetzen. Mit der Zeit kannst du mehr Kontrolle über deine Reaktionen gewinnen und dich so herausfordernden Situationen und deiner Angst mit einer tieferen inneren Stärke stellen. 

Expositionstraining

Die Expositions- und Konfrontationstraining ist besonders effektiv bei Ängsten, die durch spezifische Situationen oder Aufgaben ausgelöst werden. Hier liegt der Fokus darauf, sich den angstauslösenden Situationen schrittweise zu stellen, um daraufhin die Angst abzubauen. Gemeinsam mit geschulten Fachleuten erstellst du eine Liste von Situationen, die bei dir die Versagensangst auslösen, und näherst dich diesen dann nach und nach in einem sicheren Rahmen. Dies kann z. B. das Halten eines kurzen Vortrags oder das Testen einer neuen Fähigkeit sein. Durch die wiederholte Konfrontation gewöhnst du dich an die angstauslösenden Reize, und die Angst wird mit der Zeit immer weniger intensiv.

Achtsamkeitsbasierte Übungen

Achtsamkeit kombiniert Elemente der Meditation und kognitiven Techniken, um das Bewusstsein für den gegenwärtigen Moment zu stärken. Bei der achtsamkeitsbasierten Ansätzen werden Gedanken und Emotionen nicht bewertet, sondern bewusst wahrgenommen, um innere Ruhe und Selbstakzeptanz zu fördern. Mit dem Erlernen von Techniken wie Atemübungen, Meditation und achtsames Beobachten wird gezielt darauf hingearbeitet, Grübelschleifen zu durchbrechen, die oft mit Versagensangst einhergehen. Achtsamkeit stärkt nicht nur deine Selbstwahrnehmung, sondern kann dir auch dabei helfen, mit Stress und Angst besser umzugehen.

H3: Gruppenarbeit/Gruppencoaching

Der Austausch mit anderen, die ähnliche Ängste und Herausforderungen erleben, kann besonders wertvoll sein. Die Teilnehmer:innen unterstützen sich gegenseitig, ihre Ängste zu bewältigen und neue Perspektiven zu gewinnen. In der Gruppe können Betroffene ihre Erfahrungen teilen und von den Lösungsstrategien anderer lernen. Oft gibt es eine begleitende Fachkraft die die Leitung der Sitzungen übernimmt, um den Austausch zu moderieren und hilfreiche Techniken einzubringen. Zudem kann das Gefühl, nicht allein zu sein, das Selbstbewusstsein stärken und kann die Betroffenen motivieren, neue Wege zu gehen.

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Weitere unterstützende Maßnahmen 

Wenn du das Gefühl hast, dass dich alltägliche Herausforderungen überfordern oder du dein volles Potenzial ausschöpfen möchtest und Hilfe dabei benötigst, könnte sich eine psychologische Beratung anbieten. Bei dem Online-Angebot von BetterHelp kannst du mit psychologischen Berater:innen sprechen, deine mentale Resilienz verbessern und deine Komfortzone in Begleitung ausweiten. Die Terminvergabe ist flexibel und lässt sich selbst an volle Terminkalender anpassen.

Fazit

Die Angst vor dem Scheitern kann eine große Hürde sein und hindert uns oft daran, unser volles Potenzial zu entfalten. Mit behutsamen Ansätzen, wie dem Erkennen hinderlicher Gedankenmuster oder dem schrittweisen Auseinandersetzen mit angstauslösenden Situationen, lässt sich diese Angst nach und nach verringern. So können Betroffene allmählich mehr Selbstvertrauen gewinnen und ein freieres, selbstbestimmtes Leben führen. 

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