Progressive Muskelentspannung bei Stress anwenden: 10 Entspannungsübungen gegen Stress

Fachlich geprüft von Dora Matis, Dr. med.
Aktualisiert 6. Oktober 2025 von BetterHelp Redaktionsteam

Unser Alltag ist oft von hohen Erwartungen geprägt – an uns selbst, an unsere Arbeit, an das Leben oder an andere Personen.  Viele Menschen geraten dabei unter Druck, weil sie es allen recht machen wollen und die eigenen Bedürfnisse hinten anstellen. Doch anhaltende Anspannung kann auf Dauer nicht nur erschöpfen, sondern auch das körperliche und emotionale Wohlbefinden beeinflussen.  Umso wichtiger ist es, rechtzeitig für den Ausgleich zu sorgen. Eine bewährte Methode zur Beruhigung ist die Progressive Muskelentspannung nach Edmund Jacobson. Sie hilft, den Körper gezielt in einen Zustand der Ruhe zu bringen und kann so auch die mentale Belastung spürbar reduzieren. In diesem Artikel erfährst du, wie diese Technik funktioniert und wie du sie in deinen Alltag integrieren kannst.

Ein Mann sitzt an seinem Schreibtisch bei der Arbeit und sieht gestresst aus.
Getty/Liubomyr Vorona
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Was ist Progressive Muskelentspannung?

Die progressive Muskelentspannung ist eine Entspannungstechnik, bei der verschiedene Muskelgruppen nacheinander angespannt und anschließend wieder entspannt werden. Durch dieses bewusste Wechselspiel wird ein Zustand tiefer Entspannung im ganzen Körper erreicht. Die Methode wurde bereits in den 1920er Jahren von Edmund Jacobson entwickelt und hat sich seither als effektives Mittel gegen Stress und Anspannung etabliert.

Wie funktioniert die Progressive Muskelentspannung?

Das Prinzip der Progressiven Muskelentspannung basiert auf der Erkenntnis, dass körperliche Entspannung zu mentaler Ruhe führt. Durch die gezielte An- und Entspannung einzelner Muskelgruppen wird ein Bewusstsein für muskuläre Spannungszustände geschaffen. Dies ermöglicht es, Stresssymptome frühzeitig zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken. Die Übungen können im Sitzen oder Liegen durchgeführt werden und erfordern keine speziellen Vorkenntnisse. 

Die Progressive Muskelentspannung ist nicht dasselbe wie Autogenes Training. Bei letzterem handelt es sich um eine Art der Selbsthypnose, die schwieriger zu erlernen ist als die Progressive Muskelentspannung. Sie ist allerdings ein sehr guter erster Schritt, der für alle zu empfehlen ist. 

Die Vorteile der Progressiven Muskelentspannung

Wenn du regelmäßig dranbleibst, kann dir die progressive Muskelentspannung einiges an Nutzen bieten:

  • Stressreduktion: Dadurch, dass sich die Muskulatur entspannt, beruhigt sich der gesamte Körper

  • Bessere Schlafqualität: Die Progressive Muskelentspannung kann helfen, Einschlafprobleme zu mindern und die Schlafqualität zu erhöhen

  • Schmerzlinderung: Spannungskopfschmerzen und andere stressbedingte Beschwerden können gelindert werden

  • Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens: Das An- und Entspannen der Muskulatur fördert ein Gefühl der inneren Ruhe und Gelassenheit

Vorbereitung auf die Übungen

Bevor du mit den eigentlichen Lockerungen beginnst, triff diese Vorbereitungen, damit auch alles in Ruhe ablaufen kann:

  • Sorge für eine ruhige Umgebung in einem Raum, in dem du dich wohlfühlst

  • Trage lockere, bequeme Kleidung

  • Setze oder lege dich entspannt hin, schließe die Augen und atme ein paar Mal ruhig ein und aus

  • Schalte dein Handy aus und lass dich auch ansonsten nicht ablenken

Die 10 Entspannungsübungen der Progressiven Muskelentspannung

Im Folgenden stellen wir dir zehn Übungen vor, die verschiedene Muskelgruppen ansprechen. Jede Übung besteht aus drei Schritten:

  1. Anspannen: Spanne die jeweilige Muskelgruppe für 5-7 Sekunden kräftig an

  2. Halten: Halte die Spannung und konzentriere dich auf das Gefühl der Anspannung

  3. Entspannen: Lass die Spannung abrupt los und entspanne alle Muskeln für ca. 15-30 Sekunden. Spüre bewusst nach und nimm die Entspannung wahr.

Eine ältere Frau steht am Fenster, schaut nach draußen und wirkt nachdenklich.
Getty/fizkes

Oberkörper und Gesicht

  1. Balle beide Hände zu Fäusten und drücke sie fest zusammen. Spüre die Spannung in den Händen und den Unterarmen und halte sie. Öffne dann die Fäuste und lass die Hände locker. 

  2. Spanne danach die Arme an und drücke dabei die Unterarme gegen die Oberarme. Fühle die Spannung in den Oberarmen. Strecke dann die Arme aus und lass sie seitlich hängen.

  3. Ziehe nun beide Schultern Richtung Ohren hoch. Nimm die Spannung im Schulterbereich wahr. Senke die Schultern und lass sie locker. 

  4. Ziehe nun die Augenbrauen hoch, als würdest du die Stirn runzeln. Spüre die Spannung in der Stirn. Lass die Stirnmuskulatur locker und glätte die Stirn. 

  5. Kneife die Augen fest zusammen und rümpfe die Nase. Fühle die Spannung um die Augen herum und die Nase. Öffne die Augen und entspanne die Gesichtsmuskulatur. 

  6. Presse die Lippen fest aufeinander und beiß die Zähne zusammen. Nimm die Spannung im Mund und Kieferbereich wahr. Öffne den Mund leicht und lass die Kiefer locker. 

  7. Drücke den Kopf nach hinten gegen eine imaginäre Wand, ohne ihn zu bewegen. Spüre die Spannung im Nacken und oberen Rückenbereich. Lass danach den Kopf wieder in seine normale Position sinken und entspanne die Nackenmuskulatur. 

  8. Ziehe nun die Schulterblätter zusammen, als ob du etwas zwischen ihnen einklemmen möchtest. Spüre die Spannung im oberen Rücken und im Brustbereich. Lass die Schultern wieder locker nach vorne sinken. 

Unterkörper

  1. Ziehe anschließend den Bauchnabel ein, als ob du die Bauchmuskeln Richtung Wirbelsäule bewegen möchtest. Spüre die Spannung in der Bauchregion. Löse die Anspannung und lass den Bauch locker. 

  2. Strecke die Beine aus und drücke die Zehen nach unten, während du die Waden anspannst. Fühle die Spannung in den Oberschenkeln, Waden und Füßen. Lass die Beine wieder locker und spüre die Entspannung. 

Warum Entspannung im Alltag so wichtig ist

In einem vollgepackten Alltag kommt Entspannung oft zu kurz. Wenn der Körper dauerhaft im Stressmodus bleibt, kann sich das auf vielfältige Weise zeigen – zum Beispiel durch Kopfschmerzen, Verspannungen oder Verdauungsbeschwerden. Du kannst vielleicht auch eine innere Unruhe, Einschlafprobleme oder anhaltende Erschöpfung wahrnehmen, die ernst genommen werden sollten.

Die Progressive Muskelentspannung kann dabei unterstützen, diesen Stress abzubauen und mehr Ausgleich zu schaffen. Ergänzend dazu kann eine psychologische Online-Beratung helfen, belastende Gedankenmuster zu erkennen und neue Wege im Umgang mit Anspannung zu finden – flexibel, alltagstauglich und auf dich abgestimmt.

Die Effektivität von internetbasierten Unterstützungsangeboten ist mittlerweile nachgewiesen. Durch die damit verbundene Flexibilität und Ortsunabhängigkeit  kannst du selbst entscheiden, wie die Begleitung am besten in deinen Alltag passt. 

Tipps zur regelmäßigen Anwendung

Damit die Progressive Muskelentspannung langfristig eine positive Wirkung auf dein Leben haben kann, integriere die nachfolgenden Gewohnheiten in deinen Alltag:

  • Tägliche Übungseinheiten:Nimm dir jeden Tag am besten zur gleichen Zeit, 10-20 Minuten für die Durchführung der Übungen

  • Rituale schaffen:Führe die Übungen immer zur gleichen Zeit aus

  • Achtsamkeit fördern: Kombiniere Übungen mit Atemtechniken oder Achtsamkeitsübungen. Damit verstärkst du den Effekt

  • Progression: Am besten beginnst du mit wenigen Muskelgruppen und steigerst dich langsam

Eine Frau steht draußen, hält den Riemen ihrer Tasche und lächelt, während sie auf den Bildschirm ihres Handys schaut.
Getty/Luis Alvarez
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Weitere Entspannungstechniken

Neben der Progressiven Muskelentspannung gibt es zahlreiche weitere Entspannungstechniken, die sich zur Stressbewältigung eignen.

1. Atemübungen

Durch gezielte Atemtechniken, wie beispielsweise die 4-7-8-Methode, kann innere Ruhe gefördert werden.

2. Meditation

Meditation kann gelernt werden und helfen, die Gedanken zu sortieren und Stress abzubauen.

3. Yoga

Yoga kombiniert körperliche Bewegung mit Achtsamkeit und Atemkontrolle. Für den Abend ist eine Yin-Yoga-Einheit sehr gut geeignet, die nicht anregend wirkt.

4. Autogenes Training

Das autogene Training nutzt Selbstsuggestion, um den Körper in einen Zustand der Entspannung zu versetzen.

Fazit

Als feste Routine kann die Progressive Muskelentspannung nicht nur dein Wohlbefinden steigern, sondern auch deine Schlafqualität und Konzentrationsfähigkeit positiv beeinflussen. Gerade nach einem langen Tag – ob am Schreibtisch oder in körperlicher Bewegung – ist es wohltuend, Verspannungen loszulassen und zur Ruhe zu kommen.

Wenn du dabei Unterstützung brauchst oder es dir schwer fällt, allein den Einstieg zu finden, kann eine Online-Beratung helfen, passende Strategien zu entwickeln und achtsame Entspannung langfristig in deinen Alltag zu integrieren.

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