Die 10 Regeln bei Angst: Das solltest du wissen

Fachlich geprüft von Baran Erdik, Dr. med., mag. rer. publ. und Dora Matis, Dr. med.
Aktualisiert 21. November 2025 von BetterHelp Redaktionsteam

Angst ist ein Gefühl, das völlig natürlich ist und das wir immer mal wieder erleben. Wenn es jedoch zu häufig auftritt, kann es unser Leben einschränken oder sogar krankhaft werden. In diesem Artikel werden wir 10 Regeln für den Umgang mit Angst vorstellen, die dir helfen können, mit deiner Angst besser und gesünder umzugehen. Diese Regeln können dir helfen, deine Resilienz zu stärken, indem du lernst, deine Angst und ihre Symptome zu verstehen, zu akzeptieren und zu bewältigen. 

Angst ist eine ganz natürliche Reaktion auf gefühlte Bedrohungen – ein Schutzmechanismus, der uns helfen soll, auf Gefahrensituationen schnell reagieren zu können. Wichtig ist jedoch, wahrzunehmen, ob die Angst in einem nachvollziehbaren Rahmen bleibt oder sich verselbstständigt. Frage dich auch, ob Angst vielleicht eine deiner Stressreaktionen sein könnte. Die Unterschiede: 

  • Angst gehört zum Leben dazu und hilft uns, mit herausfordernden Situationen umzugehen, ist normalerweise eine vorübergehende emotionale Reaktion.
  • Wenn die Angst jedoch übermäßig stark ist, ohne erkennbaren Auslöser auftritt oder den Alltag spürbar einschränkt, können diese Anzeichen einer Angstproblematik sein. 

Zum Beispiel kann jemand auf einen lauten Ton mit Angst reagieren – das ist zunächst völlig normal. Es kann auch hilfreich sein, Situationen zu erkennen, in denen Angst auftritt. So trifft dich die Reaktion deines Körpers nicht unerwartet und du kannst damit besser umgehen. Wenn diese Angst jedoch so intensiv wird, dass bestimmte Orte vermieden werden oder Panikgefühle auftreten, kann es hilfreich sein, sich Unterstützung zu suchen. Das Aufschreiben deiner Angst kann dir auch helfen, zurück in die Realität zu kommen. Es gibt viele Methoden und Tools, die du anwenden kannst.

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Erstens: Lass die Angst zu 

Die Angst zuzulassen und zu begrüßen ist der erste Schritt zurück zur inneren Ruhe. Viele Menschen wollen die Angst sofort loswerden, wissen jedoch nicht, dass das bewusste Wahrnehmen und Erkennen der Angst das Loslassen möglich macht.

So verbindest du dich mit dir selbst und deiner Angst 

Atme einige Male tief durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus. Versuche nun, die Angst im Körper zu lokalisieren. Wenn du möchtest, kannst du nun deine Hände auf diese Stelle in deinem Körper geben. So baust du aktiv eine Verbindung mit deiner Angst auf. Du wirst merken: Wenn du dich mit deiner Angst verbindest, fühlt sich deine Angst gesehen und wird dir vielleicht verraten, woher sie kommt. 

Zweitens: Höre deiner Angst zu 

Da du nun eine Verbindung zu dir und deinem Körper hergestellt hast, kannst du den Prozess der Hinterfragung starten. Das Ziel ist es, Interesse und Verständnis für dich selbst und deine Angst zu zeigen. Stell dir Fragen wie: „Wie verändert sich die Angst im Gefühl, in der Lokalisation, in der Intensität?“ Bleibe interessiert und lass dir Zeit. So kannst du die Angst auf der Ebene der Emotionen und Gefühle kennenlernen. Hier kannst du dich fragen: „Welche Gedanken oder Gefühle begleiten meine Angst?“ Durch diese neugierige Annäherung an das Gefühl deiner Angst gewinnst du eine Verbundenheit zu dir selbst und damit deine Kontrolle wieder. 

Übungen zur Selbstreflexion 

Nun bist du bereit für den Schritt der schriftlichen Erkundung deiner gewonnenen Erkenntnisse. Komm aus deinem meditativen Zustand langsam und vorsichtig heraus. 

Folgende Fragen können dir helfen, deiner Angst auf den Grund zu gehen:

  • Wovor habe ich genau Angst/ Welche Gedanken und Emotionen begleiten meine Angst? 
  • Was löst diese Angst aus oder was versteckt sich hinter meiner Angst? 
  • Ist diese Angst realistisch oder kann ich mich dieser Angst stellen? 
  • Wenn ja, was würde passieren, wenn ich das tue? 

Drittens: Lebe weiter – trotz deiner Angst

Versuche, dich so gut es geht nicht von deiner Angst einschränken zu lassen. Lass nicht zu, dass sie dein Leben bestimmt. Es ist wichtig, dass du deinen Weg weitergehst und deine Pläne verfolgst. So kannst du erleben, dass Angst zwar auftauchen darf, dich aber nicht davon abhalten muss, das zu tun, was dir wichtig ist. Viele Menschen, die oft Angst haben, neigen dazu, bestimmte Aktivitäten zu vermeiden, um angstauslösenden Situationen aus dem Weg zu gehen. Sie merken nicht, dass sie so auch ihren Erfolgen, Träumen und Hobbys aus dem Weg gehen. 

Viertens: Der Bedeutung auf den Grund gehen 

Angst ist ein Kommunikationswerkzeug unseres Verstands, um uns mitzuteilen, dass wir uns unsicher oder unwohl in einer bestimmten Situation fühlen. Sie kann eine Botschaft enthalten, die uns auf ein unbewusstes Bedürfnis hinweisen möchte. Hinterfrage deine Angst: Kann deine Angst ein Hinweis oder Zeichen dafür sein, dass du dir mehr Klarheit oder Sicherheit wünschst? Dieses Wissen kann dir dabei helfen, die Angst nicht als Bedrohung, sondern vielmehr als Aufforderung an dich selbst zu sehen. 

Fragen zur besseren Selbstreflexion: 

Folgende Fragen können dir helfen deine Angst zu hinterfragen:

  • Welche Stärken habe ich, um mit dieser Angst umzugehen?
  • Welche Möglichkeiten könnten sich hinter meiner Angst verstecken?
  • Wie würde ich leben, wenn ich die verborgenen Informationen meiner Angst in mein Leben einbringen würde? 
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Fünftens: Gehört deine Angst wirklich dir? 

Manchmal können wir Ängste aus unserem Umfeld unbewusst übernehmen. Ängste haben oft gar nichts mit uns direkt zu tun. Deswegen ist es wichtig, sich zu fragen, ob es wirklich deine Ängste waren oder vielleicht die deiner Freund:innen, Eltern oder Kolleg:innen. Die Erkenntnis, dass es sich möglicherweise um „übernommene“ Ängste handelt, macht es möglich, diese eher loslassen zu können. 

Persönliche Fragen deiner Angst 

Hier sind sechs Fragen, die du dir stellen kannst, um herauszufinden, ob deine Angst für dich persönlich relevant ist: 

  • Was versteckt sich hinter meiner Angst? 
  • Welches Gefühl kommt hoch, wenn ich mich dem Gefühl der Angst stelle?
  • Kann ich eine Situation oder Person meiner Angst zuordnen? 
  • Stammt die Ursache meiner Angst aus mir oder meinem Umfeld? 
  • Ist die Angst berechtigt? 
  • Was kann ich nun tun, um mir etwas Gutes zu tun, das meiner Angst entgegenwirken kann? 

Sechstens: Positiven Selbstdialog führen

Wenn du dich in einer angstauslösenden Situation befinden solltest, kannst du versuchen, das Gefühl der Kontrolle zurückzuerobern, indem du dich selbst versicherst und dein Selbstgefühl stärkst. 

Beispiel eines inneren Dialogs:

Hier sind Tipps, um einen positiven inneren Dialog mit deiner Angst zu führen. Dieser könnte wie folgt aussehen:

  • „Danke, dass du mich warnen möchtest, aber ich bin erwachsen und kann mit dieser Situation umgehen.“
  • „Ich bin hier sicher und höre dir gerne zu.“
  • „Was möchtest du mir sagen und aus welcher Erfahrung sprichst du?“
  • „Ich habe das unter Kontrolle, Danke.“

Siebtens: Teile deine Angst – es entlastet. 

Sprich über deine Angst, denn das Teilen kann entlastend auf dein inneres Erleben wirken. Das Aussprechen deiner Ängste kann wortwörtlich deine Angst nach außen bringen und dich nicht mehr innerlich belasten. Dein Umfeld kann dir Vertrautheit, Verständnis und neue Perspektiven bieten. Studien belegen, dass soziale Netzwerke unser Selbstvertrauen stärken und das Gefühl der Isolation lindern können.

Achtens: Lerne Strategien, die für dich persönlich funktionieren

Es ist wichtig, dass du deinen Körper dabei unterstützt, mit deinen Angstreaktionen umzugehen. Du kannst lernen, Anspannungen und Stress, der sich in deinem Körper ansammelt, gezielt und bewusst loszulassen. 

Deine Gelassenheit mit Entspannungsübungen fördern

Regelmäßige Entspannungsübungen können deine Stressresilienz erhöhen und damit deine Empfindlichkeit gegenüber Angstreaktionen reduzieren. Mit folgenden Entspannungsübungen kannst du deine Psyche im Alltag unterstützen:

  • Atemtechniken
  • Progressive Muskelentspannung
  • Meditation
  • Visualisierungen
  • Yoga 

Neuntens: Suche dir professionelle Hilfe

Intensive Angstzustände können zu einer starken Belastung im Alltag führen. Es kann also gut tun, sich eine einfühlsame Unterstützung zu suchen. Eine Beratung kann dir eine effektive Möglichkeit bieten, deine Angstzustände mit Unterstützung zu bewältigen. Eine Online-Beratung bietet eine besonders zeitgemäße Möglichkeit, die du nahezu nahtlos in den Alltag integrieren kannst. Da Online-Coachings von jedem Ort aus durchgeführt werden können, ist eine flexible Begleitung möglich. Dies ist für viele Menschen ein großer Vorteil, da das Gefühl von Angst den Alltag stark beeinträchtigen kann und diese Art der Beratung den ersten Schritt für viele leichter macht.

Effizienz und individuelle Behandlung

Ob über Chat, Anruf oder Video-Konferenz: eine psychologische Online-Beratung kann eine flexible Möglichkeit sein, Unterstützung zu erhalten. Untersuchungen zeigen, dass solche Angebote bei belastenden Gefühlen wie Angst oder Niedergeschlagenheit hilfreich sein können. 

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Zehntens: Konzentriere dich bewusst auf andere Aktivitäten

Abschließend kann es auch hilfreich sein, sich nicht auf die Angst, sondern bewusst auf andere Aktivitäten zu konzentrieren. So kannst du mögliche Gedankenschleifen unterbrechen, was hilfreich sein kann, um sich von der Angst zu lösen.

Vertiefung: Häufige Angstsymptome und Stressreaktionen

Angst zeigt sich auf ganz unterschiedliche Weise – körperlich, emotional und gedanklich. Diese Reaktionen sind Teil des natürlichen Schutzsystems des Körpers und treten häufig gemeinsam auf.

Körperliche Reaktionen:


Wenn wir Angst empfinden, schaltet der Körper in den sogenannten „Alarmmodus“. Das Herz schlägt schneller, die Muskeln spannen sich an, und manchmal wird uns warm oder kalt. Auch Zittern, flache Atmung, Schwitzen, Schwindel, Herzrasen oder Magenunruhe können in diesen Momenten auftreten. Diese Reaktionen entstehen, weil der Körper Energie mobilisiert, um auf mögliche Gefahr vorbereitet zu sein.

Emotionale Reaktionen:

Angst kann sich als innere Unruhe, Anspannung oder ein Gefühl von Überforderung zeigen. Manchmal kommen auch Scham, Wut oder Hilflosigkeit hinzu. Diese Emotionen sind Teil des natürlichen Spektrums menschlicher Reaktionen auf Stress und Veränderung.

Gedankliche Reaktionen:

Viele Menschen bemerken in Angstsituationen Gedanken wie „Was, wenn etwas schiefgeht?“ oder „Ich schaffe das nicht.“ Solche Gedankenmuster können sich schnell verselbstständigen und die Anspannung verstärken. Es kann hilfreich sein, solche Gedanken bewusst wahrzunehmen, anstatt sie zu bewerten.

Körpersignale verstehen

Wenn du erkennst, welche körperlichen und emotionalen Reaktionen bei dir auftreten, kannst du sie leichter einordnen. Manchmal genügt schon ein kurzer Moment des Innehaltens, um zu bemerken: „Das sind gerade Angst und Panik. "Mein Körper will mich schützen.“

Praktische Tipps für den Alltag

Im Umgang mit Angst kann es hilfreich sein, sich bewusst Orientierung und Halt zu geben. Kleine Routinen im Alltag schaffen Struktur und Stabilität. So bekommt das Gedankenkarussell weniger Raum, und du kannst dich auf das Hier und Jetzt konzentrieren.

  • Starte den Tag bewusst: Ein kurzer Moment für dich selbst – ein Spaziergang, ein paar tiefe Atemzüge oder eine Tasse Tee – kann dir helfen, dich zu zentrieren.
  • Ordnung als Anker: Eine aufgeräumte Umgebung vermittelt Sicherheit und Übersicht, besonders in Phasen innerer Unruhe.
  • Feste Rituale: Regelmäßige Essens- und Schlafzeiten oder feste Pausen geben dir ein Gefühl von Kontrolle und Orientierung.
  • Greifbare Hilfen: Manchmal hilft es, etwas in der Hand zu halten – einen Stein, ein Stoffstück oder ein Schmuckstück – um sich im Moment zu verankern und den Körper daran zu erinnern: „Ich bin hier.“

Diese kleinen, bewussten Handlungen können dir im Alltag Struktur und innere Stabilität geben, wenn du sie regelmäßig übst.

Umgang mit professioneller Unterstützung und Entspannungswegen

Es gibt viele Wege, den Umgang mit Angst langfristig zu erleichtern. Manche Menschen finden in Gesprächen mit Vertrauenspersonen Orientierung, andere entdecken Entspannungsübungen, kreative Ausdrucksformen oder Methoden der Selbstreflexion für sich.

Auch verschiedene Entspannungsverfahren – wie Atemtechniken, Achtsamkeitsübungen, progressive Muskelentspannung oder sanfte Bewegung – können unterstützend wirken, um innere Anspannung zu lösen. Wichtig ist, dass du herausfindest, welcher Weg für dich persönlich hilfreich und angenehm ist.

Vermeide dabei, dich unter Druck zu setzen oder schnelle Lösungen zu erwarten. Jeder Mensch findet in seiner eigenen Weise und Zeit zurück zu mehr innerer Ruhe.

Fortschritte dokumentieren und Erfolge feiern

Wenn du beginnst, bewusster mit deiner Angst umzugehen, kann es hilfreich sein, deine Schritte festzuhalten. Das Aufschreiben deiner Gedanken, Beobachtungen und kleinen Erfolge gibt dir Orientierung und macht sichtbar, wie viel du bereits erreicht hast.

  • Führe ein kleines Notizbuch oder eine App: Notiere regelmäßig, was dir in schwierigen Momenten geholfen hat.
  • Feiere auch kleine Erfolge: Ein Gespräch, das du trotz Unruhe geführt hast, oder ein Moment, in dem du ruhig geblieben bist, sind wertvolle Fortschritte.
  • Teile sie mit anderen: Wenn du magst, kannst du Menschen in deinem Umfeld davon erzählen. Manchmal wird ein vermeintlich kleiner Schritt für andere zum großen Anlass, dir Mut zu machen.
  • Erkenne deine Entwicklung: Wenn du nach einigen Wochen oder Monaten zurückblickst, wirst du merken, wie sich dein Umgang mit Angst verändert hat.

Jeder noch so kleine Fortschritt ist ein Zeichen dafür, dass du auf deinem Weg bist. Nimm dir die Zeit, diese Momente wahrzunehmen und sie bewusst zu verstärken, sie sind dein persönlicher Beweis, dass Veränderung möglich ist.

Fazit

Angst ist ein individuelles und komplexes Erlebnis, das jede und jeder von uns kennt. Sie kann uns manchmal aus dem Gleichgewicht bringen, uns verunsichern oder das Gefühl geben, die Kontrolle zu verlieren. Doch Angst bedeutet auch, dass unser Körper und Geist aktiv sind – sie wollen uns schützen und aufmerksam machen.

Die in diesem Artikel vorgestellten Wege und Methoden können dir helfen, wieder mehr Stabilität in dein Leben zu bringen. Indem du lernst, deine Angst wahrzunehmen, einzuordnen und ihr Raum zu geben, kannst du Schritt für Schritt ein stärkeres Gefühl von innerer Ruhe und Orientierung entwickeln.

Stabilität entsteht nicht von heute auf morgen. Sie wächst mit jedem kleinen Moment, in dem du dich selbst ernst nimmst, inne hältst oder dich jemandem anvertraust. Auch der Austausch mit anderen Menschen kann unterstützend wirken. Sei es durch Gespräche mit Freund:innen oder eine Online-Unterstützung durch Berater:innen hilfreich sein.

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