Sesquipedalophobie: Wenn lange Wörter Angst machen – Phobien verstehen und behandeln

Fachlich geprüft von Dora Matis, Dr. med.
Aktualisiert 20. November 2025 von BetterHelp Redaktionsteam

Key Takeaways

  • Sesquipedalophobie ist die Angst vor langen Wörtern – eine seltene, aber reale Phobie, die Betroffene im Alltag stark einschränken kann.
  • Der Begriff Hippopotomonstrosesquippedaliophobie wird oft humorvoll verwendet, geht aber mit ernstzunehmenden Symptomen wie Zittern, Herzklopfen oder dem Vermeidungsverhalten einher.
  • Wie bei vielen Phobien treten häufig körperliche Stressreaktionen und Vermeidungsverhalten auf.
  • Auch moderne Ängste wie Nomophobie zeigen: Überforderung durch Alltagssituationen ist weit verbreitet – wichtig ist, sie früh zu erkennen.
  • Selbsthilfe, Achtsamkeit und strukturierte Übungen können helfen, die Kontrolle zurückzugewinnen und langfristig Sicherheit aufzubauen.

Phobien sind intensive und oft irrationale Ängste, die das Leben stark beeinflussen können. Eine ungewöhnliche Form ist die Sesquipedalophobie. Sie ist ebenfalls scherzhaft unter dem überlangen Begriff Hippopotomonstrosesquippedaliophobie bekannt, der paradoxerweise selbst Angst auslösen kann. Dabei handelt es sich um die Angst vor langen Wörtern.

Der Begriff wird häufig augenzwinkernd mit dem Wort Nilpferd („hippopotamus“) in Verbindung gebracht – ein typisches Beispiel für ein Wort, das selbst Angst macht. Betroffene empfinden Stress oder Unwohlsein beim Umgang mit solchen Begriffen, was ihren Alltag belasten kann. Die Auswirkungen der Angst vor langen Wörtern können das soziale und berufliche Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen. 

Trotzdem gibt es wirksame Wege, mit dieser Angst umzugehen – zum Beispiel durch bestimmte Übungen oder begleitende Unterstützung. Mehr dazu im Artikel.

Eine Frau sitzt an ihrem Schreibtisch und blickt nachdenklich in die Ferne.
Getty/fizkes
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Was ist die Angst vor langen Wörtern?

Die Angst vor langen Wörtern, auch als Sesquipedalophobie bekannt, ist eine Phobie, bei der Betroffene eine überwältigende Angst oder Panik verspüren, wenn sie mit langen Wörtern in Kontakt kommen. 

Die Bezeichnung „Sesquipedalophobie“ stammt aus dem Lateinischen und wird oft verwendet, um diese spezifische Angst zu beschreiben. Es gibt aber noch ein anderes Wort: Hippopotomonstrosesquippedaliophobie. Der Unterschied liegt hauptsächlich in der Länge und dem Humor des Begriffs:

  • Sesquipedalophobie ist der Fachbegriff und setzt sich aus den Worten „sesqui“ (anderthalb) und „pedal“ (Fuß) zusammen, was auf die „Länge“ eines Wortes hinweist.
  • Hippopotomonstrosesquippedaliophobie ist eine humorvolle und absichtlich übertriebene Erweiterung des Begriffs und wurde in der Popkultur populär. Das Kunstwort selbst ist so lang, dass es ironisch das Thema der Angst vor langen Wörtern widerspiegelt.

Diese Angst kann so weit gehen, dass sie die Fähigkeit zur Kommunikation beeinträchtigt. Menschen mit dieser Angststörung vermeiden es oft, Wörter mit vielen Silben auszusprechen oder zu lesen. Das kann ihre sozialen und beruflichen Interaktionen negativ beeinflussen. 

Dabei gibt es gerade im Deutschen einige Begriffe, die aufgrund der Aneinanderreihung von verschiedenen Wörtern sehr lang sind. Beispiele sind:

  1. Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitän – der Kapitän eines Dampfschiffs der Donaudampfschifffahrtsgesellschaft
  2. Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz – ein Gesetz zur Übertragung von Aufgaben zur Überwachung der Etikettierung von Rindfleisch
  3. Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung – eine Versicherung, die Schäden, die durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstehen, abdeckt
  4. Handelskammermitgliedsunternehmen – ein Unternehmen, das Mitglied einer Handelskammer ist
  5. Flughafen-Sicherheitsdienstleistungsvertragsunternehmen – ein Unternehmen, das Sicherheitsdienste auf Flughäfen anbietet
  6. Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft – eine Gesellschaft, die sich mit der Finanzierung von Verkehrsinfrastrukturprojekten befasst

Ursachen der Angst vor langen Wörtern

Die Ursachen für eine Sesquipedalophobie können vielfältig sein. Oftmals entstehen diese Phobien aufgrund negativer Erfahrungen oder dem Gefühl, sich bei der Aussprache langer Wörter bloßzustellen. Auch die Angst vor dem Urteil anderer Menschen kann eine Rolle spielen. 

Generell ist laut Psychotherapeut Dr. phil. Dipl.-Psych. Tabatabai die Angst „im Kern eine lebensnotwendige Reaktion auf eine bedrohliche Situation. Sie kann aber auch eine psychosomatische Botschaft haben. Menschen müssen begreifen, dass in bestimmten Situationen Unsicherheit und Unklarheit ein fester Bestandteil des Lebens sind“. 

In einigen Fällen kann aber eine generelle Angst die Unsicherheit bei der Verwendung von Fremdwörtern verstärken. Der Gebrauch von lateinischen oder griechischen Begriffen setzt Betroffene weiter unter Druck, da viele Menschen mit diesen alten Sprachen nicht vertraut sind.

Wie sich Sesquipedalophobie manifestiert

Sesquipedalophobie zeigt sich auf verschiedene Art und Weise. Die Angst kann sich in körperlichen Reaktionen wie Herzklopfen, Zittern, Schwitzen oder Schwindel äußern, wenn Betroffene mit langen Wörtern konfrontiert werden. 

Schon der Anblick bestimmter Objekte wie Bücher, Präsentationen oder Texte kann starke Angst hervorrufen und zu diesen Situationen führen:

Vermeidung von langen Wörtern

Betroffene vermeiden in ihrem Alltag häufig Situationen, in denen sie lange oder komplexe Wörter verwenden müssen. Dies kann das Lesen von Fachtexten oder das Sprechen in öffentlichen Foren betreffen. Das Vermeiden bestimmter Wörter führt jedoch häufig zu noch mehr Unsicherheit und verstärkt die Angst. 

Betroffene schauen beispielsweise oft auch nicht ins Wörterbuch.

Angst vor sozialer Bewertung

Ein großer Auslöser für die Angst vor langen Wörtern ist die Furcht, in sozialen oder beruflichen Situationen negativ bewertet zu werden. Diese Angst kann so weit gehen, dass sich eine Person in Gesprächen zurückzieht, um peinliche Momente zu vermeiden.

Panikattacken

In extremen Fällen kann die Angst so intensiv werden, dass sie zu Panikattacken führt. Diese äußert sich durch Symptome wie diese:

  • Schwindel
  • Übelkeit
  • Herzrasen
  • Atemnot

Diese körperlichen Reaktionen verstärken oft das Gefühl der Hilflosigkeit und machen die Situation noch belastender.

Emotionale Erschöpfung

Viele Betroffene fühlen sich nach solchen Situationen ausgelaugt und erschöpft. Das ist auf die anhaltende innere Anspannung und den hohen emotionalen Stress, der oft mit solchen Erlebnissen einhergeht, zurückzuführen. Dies kann sich sowohl auf die körperliche als auch auf die mentale Gesundheit negativ auswirken.

Selbstwertprobleme

Die ständige Angst, Fehler zu machen oder peinlich zu wirken, kann langfristig das Selbstbewusstsein erheblich schwächen. Im schlimmsten Fall ziehen sich Betroffene in sozialen oder beruflichen Situationen zurück. 

Die Angst vor langen Wörtern hindert viele Menschen daran, ihr volles Potenzial auszuschöpfen und offen auf andere zuzugehen.

Isolation

Um stressige Situationen zu vermeiden, ziehen sich manche Menschen aus sozialen oder beruflichen Kontexten zurück. Sie verzichten beispielsweise auf Treffen mit Freunden, vermeiden Kontakte am Arbeitsplatz oder lehnen neue Aufgaben ab, um Belastungen zu minimieren. 

Diese Verhaltensweisen können jedoch langfristig dazu führen, dass sie sich immer mehr isolieren. Das wiederum erhöht das Risiko für Vereinsamung. 

Die fehlende soziale Interaktion kann dann nicht nur das Wohlbefinden beeinträchtigen, sondern auch die persönliche und berufliche Entwicklung einschränken.

Ein Mann sitzt auf einer Bank im Freien und starrt gedankenversunken in die Ferne.
Getty/Manuel Arias Duran

Die Angst vor langen Wörtern in der Praxis

Die Angst vor langen Wörtern wirkt sich im Alltag stark auf die Kommunikation aus. Betroffene vermeiden häufig Situationen, in denen komplexe Begriffe benutzt werden. Das führt oft dazu, dass sie Diskussionen ausweichen oder Texte meiden, die lange Worte enthalten. 

Schon einfache Gespräche können zur Belastung werden, da die ständige Angst mitschwingt, einen unbequemen Begriff verwenden zu müssen. Dies erzeugt Stress und kann dazu führen, dass Betroffene sich überfordert oder blockiert fühlen. 

Das Internet dient dabei sowohl als Informationsquelle als auch als Plattform für Gerüchte über Phobien. Das kann die Unsicherheit weiter verstärken. Die Angst, sich zu versprechen, missverstanden zu werden oder gar inkompetent zu wirken, beeinflusst ihr Selbstvertrauen negativ. 

Langfristig kann dies die soziale Interaktion und berufliche Entwicklung deutlich einschränken.

Umgang mit der Angst vor langen Wörtern: Was hilft wirklich?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, mit der Sesquipedalophobie umzugehen. Die folgenden Ansätze können helfen, Ängste zu lindern und den Alltag zu erleichtern:

  • Achtsamkeit und Entspannungstechniken: Meditation, Atemübungen und eine progressive Muskelentspannung können helfen, die Angst zu reduzieren und den Stress abzubauen.
  • Psychologische Strategien: Der bewusste Umgang mit angstbesetzten Gedanken kann helfen, belastende Denkmuster zu hinterfragen. Viele Betroffene profitieren von professioneller Begleitung, die auf bewährten Methoden wie der kognitiven Umstrukturierung basiert.
  • Hypnoanalyse: Eine weitere Herangehensweise ist die Hypnoanalyse, bei der unter Hypnose die zugrunde liegenden Ursachen der Phobie bearbeitet werden. Diese Methode kann helfen, die Ängste in einem sicheren Umfeld abzubauen und langfristig die Kontrolle zurückzugewinnen.
  • Expositionsübungen:Die Angst vor langen Wörtern lässt sich mit gezielter Übung verringern. Indem du dich nach und nach mit solchen Begriffen konfrontierst – zum Beispiel zuerst beim Lesen, später beim lauten Aussprechen – kann dein Gehirn lernen, dass keine reale Gefahr besteht. Wichtig ist dabei, das Tempo selbst zu bestimmen und dir genügend Sicherheit zu geben. 
  • Sprach- und Rhetoriktraining: Das gezielte Üben von schwierigen Wörtern in kontrollierten Schauplätzen hilft Betroffenen, Sicherheit im Sprachgebrauch zu gewinnen.
  • Gruppenangebote - Gemeinsam stark werden: Der Austausch in einer unterstützenden Gruppe mit Menschen, die ähnliche Ängste erleben,kann motivieren, Verständnis schaffen und zu gemeinsamen Bewältigungsstrategien führen.
  • Technologische Hilfsmittel: Sprach-Apps oder Programme zur Verbesserung der Artikulation und Stressbewältigung wirken ebenfalls unterstützend.

Vergleich mit anderen Ängsten

Neben der Sesquipedalophobie gibt es weitere eher ungewöhnliche Formen von Angst, wie etwa die Nomophobie – die Furcht, ohne Smartphone oder Netzverbindung zu sein. Solche Phobien treten häufig im Alltag auf, wirken aber auf Außenstehende oft irrational. Was viele dieser Ängste verbindet, sind typische Reaktionen wie eine Übererregung des Nervensystems (z. B. innere Unruhe, Schwitzen) oder das bewusste Vermeiden von auslösenden Situationen.

Selbsthilfe und Unterstützung

Achtsamkeit und Entspannungstechniken wie Atemübungen und Meditation sowie gezielte Übungen helfen, innere Stärke aufzubauen. Wenn die Herausforderungen des Alltags überhandnehmen, kann es helfen, mit passenden psychologischen Betreuer:innen zu sprechen. Hier kann das mentale Wohlbefinden und die eigene Stärke professionell gestützt werden, sodass es uns leichter fällt, Herausforderungen anzunehmen – und das bequem von zu Hause aus und flexibel gestaltet.

Bewältigungsstrategien für den Alltag bei der Phobie

Es gibt mehrere Methoden, um mit der Angst vor langen Wörtern im Alltag umzugehen. Eine Möglichkeit ist, sich regelmäßig zum Beispiel durch das Lesen von Texten mit schwierigen Begriffen oder das Üben der Aussprache in einem sicheren Umfeld mit langen Wörtern zu beschäftigen. 

Dies kann dazu beitragen, die Angst schrittweise zu überwinden.

Nutzung von Entspannungstechniken

Entspannungstechniken wie Meditation oder Atemübungen können ebenfalls helfen, die emotionale Reaktion auf lange Wörter zu reduzieren. Diese Techniken unterstützen dich, damit du den Stress abbaust und deine Kontrolle in angstauslösenden Situationen stärkst.

Getty/Vadym Pastukh
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Die Bedeutung von Unterstützung durch Selbsthilfegruppen

Der Austausch mit anderen, die ebenfalls unter Sesquipedalophobie leiden, kann eine wichtige Unterstützung sein. Selbsthilfegruppen und Online-Foren bieten Betroffenen die Möglichkeit, Erfahrungen zu teilen, Verständnis zu finden und hilfreiche Strategien für den Alltag zu entdecken. Das macht sie zu einer wirksamen und flexiblen Option für Betroffene.

Fazit

Auch seltene Ängste wie die Sesquipedalophobie können den Alltag stark beeinflussen, doch sie sind nicht unbehandelbar. Wer die eigene Phobie besser versteht und sich mit ihr auseinandersetzt, kann Wege finden, mit der Angst umzugehen. 

Verständnis, Geduld und passende Unterstützung helfen vielen Betroffenen dabei, wieder mehr Sicherheit im Alltag zu gewinnen. Es lohnt sich, Hilfe in Anspruch zu nehmen – auch bei Ängsten, die auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen.

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