Versagensangst: So gehst du erfolgreich damit um
Es gibt ein Thema, das so gut wie jede Person kennt, aber über das kaum jemand offen spricht: Versagensangst. Die Angst, zu versagen, kann in den verschiedensten Lebensbereichen auftreten. In der Karriere, im Studium, in der Schule, in der Familie, als Elternteil, in Freundschaften, in romantischen Beziehungen… An den Beispielen kannst du auch direkt erkennen, dass sich Versagensängste auf keine Altersgruppe beschränken, weil sie in jedem Lebensabschnitt auftreten können. Eins steht fest: Du bist nicht damit allein.
Was ist eigentlich Versagensangst?
Die Versagensangst ist die Angst vor dem Scheitern. Es ist ein flaues Gefühl im Magen, wenn man denkt, dass man etwas nicht schafft. Es steht eine Klausur an und du hast dich sehr gut vorbereitet? Trotzdem hast du das Gefühl, dass du der Klausur nicht gerecht werden kannst? Du hast eine schwierige Aufgabe auf der Arbeit bekommen, aber deine Gedanken sagen dir, dass du das nicht packst? All das ist die Angst vor dem Versagen. Es handelt sich um die Angst, in einer bestimmten Situation nicht die (von dir oder anderen) erwartete Leistung zu erbringen.
Es geht dabei weniger um ein einzelnes Ereignis, sondern oft um die tiefer liegende Sorge, nicht zu genügen oder Erwartungen nicht erfüllen zu können – weder den eigenen noch denen anderer. Manche Menschen erleben in bestimmten Situationen sofort starke Anspannung oder meiden sie ganz, um dieser inneren Belastung aus dem Weg zu gehen.
Typische Reaktionen können sein:
- starker Druck oder Unruhe vor bestimmten Situationen (z. B. Prüfungen, Feedbackgesprächen)
- Vermeidungsverhalten, um unangenehme Gefühle zu umgehen
- das Gefühl, in der Situation „wie blockiert“ zu sein
- der Gedanke, die eigene Leistung werde nie ausreichen
- körperliche Anzeichen wie Herzklopfen, Schlafprobleme oder innere Anspannung
Auch wenn diese Reaktionen sich sehr belastend anfühlen, sind sie verständlich. Oft hängen sie mit Erfahrungen zusammen, bei denen wir uns nicht sicher oder nicht gut genug gefühlt haben.
Der erste Schritt ist, diese Angst nicht abzuwerten, sondern sie besser zu verstehen. Du bist nicht allein damit und es gibt Wege, wieder mehr Leichtigkeit und Vertrauen in deinen Alltag zu bringen.
So erkennst du Versagensangst
Steht gerade eine wichtige Aufgabe an – ein Gespräch, eine Präsentation oder eine Prüfung – und du fühlst dich plötzlich überfordert, obwohl du dich eigentlich gut vorbereitet hast? Dann kann es sein, dass du mit der Angst zu scheitern zu tun hast.
Diese innere Unruhe äußert sich bei jeder Person ein wenig anders. Vielleicht erkennst du dich in einigen dieser Punkte wieder:
- Du hast ständig Gedanken im Kopf wie: Ich werde das nicht schaffen, Ich bin nicht gut genug oder Ich darf keine Fehler machen
- Du schläfst schlecht, weil dein Kopf nicht abschalten kann
- Du hast öfter ein mulmiges Gefühl im Bauch, Druck auf der Brust oder fühlst dich körperlich angespannt
- Es fällt dir schwer, dich zu konzentrieren, weil du dich innerlich blockiert fühlst
- Du gehst Situationen lieber ganz aus dem Weg, statt dich ihnen zu stellen
Versagensangst kann sich mal leise und unterschwellig zeigen, mal laut und lähmend. Ein Gespräch mit einer unterstützenden Person, die einfühlsam und strukturiert mit dir hinschaut, kann dir helfen, deine Gedanken zu sortieren, die Angst zu relativieren und neue Wege im Umgang damit zu entwickeln.
Woher kommt die Angst vor dem Versagen?
Aber woher kommt eigentlich diese Angst vor dem Versagen und was sind die Ursachen? Einigen Menschen wurde sie quasi in die Wiege gelegt und diese innere Angst fängt schon im Kindesalter an, bei anderen tritt sie mit wachsenden Verantwortungen erst auf. Wichtig ist aber zu verstehen, dass du dich für deine Angst nicht zu schämen brauchst. Oft kommt die Angst vor dem Versagen mit einem Leistungsdruck daher, der entweder von außen kommen kann, den du dir aber auch selbst machen kannst.
Beginnt der Leistungsdruck bereits in der Schule?
Studien zeigen zum Beispiel, dass der Leistungsdruck oft schon in der Schule beginnt und dass Kinder für diesen sehr anfällig sind. Im Laufe der Zeit kann daraus dann auch eine Versagensangst entstehen. Deine Eltern oder Bezugspersonen aus deiner Kindheit können auch dafür gesorgt haben, dass du immer einen gewissen Leistungsdruck verspürt hast, der dich bis in das Erwachsenenalter begleitet.
Versagensangst trifft auf das Impostor-Gefühl
Vielleicht kennst du das auch: Du hast etwas erreicht, vielleicht hast du eine Prüfung bestanden, ein Projekt abgeschlossen oder ein Kompliment bekommen, aber innerlich fühlt es sich nicht verdient an. Statt dich zu freuen, taucht der Gedanke auf: Das war nur Glück. Irgendwann merken sie, dass ich eigentlich gar nicht so gut bin.
Das Gefühl, als Hochstapler:in entlarvt zu werden, ist weiter verbreitet, als viele denken. Oft trifft es Menschen, die besonders engagiert, gewissenhaft oder leistungsorientiert sind. Genau die Menschen also, die nach außen als erfolgreich gelten, sich innerlich aber mit Selbstzweifeln herumschlagen.
Dieses sogenannte Impostor-Gefühl (auch bekannt als Hochstapler-Gefühl) hängt häufig mit Versagensangst zusammen. Beide beruhen auf dem inneren Druck, Erwartungen erfüllen zu müssen und auf der Angst, ihnen nicht gerecht zu werden.
Der Begriff Impostor Syndrome wurde Ende der 1970er von der Psychologin Dr. Pauline Clance geprägt. Dabei geht es nicht um eine festgelegte Beurteilung, sondern um ein Erleben, das viele Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen betrifft.
Zu wissen, dass du mit diesen Gedanken nicht allein bist und dass sie nicht automatisch etwas mit deiner Leistung oder deinem Können zu tun haben, kann ein erster Schritt sein. Denn das Gefühl, nicht gut genug zu sein, sagt oft mehr über innere Ansprüche als über deine tatsächliche Kompetenz aus.
5 Methoden, um mit Versagensangst umzugehen
Wenn dich die Angst zu versagen in deinem Alltag begleitet, findest du hier fünf Methoden, um mit dieser Angst umzugehen und sie zu bewältigen.
1. Sprich offen über deine Gefühle
Hast du je mit dir nahestehenden Personen über deine Ängste gesprochen? Wenn du dich ihnen emotional gegenüber öffnest, werden sie dasselbe auch bei dir tun. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie deine Gefühle nachvollziehen können, ist sehr hoch. Vielleicht haben sie sogar schon Ähnliches erlebt und gemeinsam könnt ihr überlegen, wie ihr euch im Alltag gegenseitig unterstützen könnt. Der Austausch mit einer vertrauten Person kann auf den ersten Blick angsteinflößend wirken, aber es zahlt sich in den meisten Fällen aus, sich zu öffnen.
2. Beruhige dein Nervensystem
Hast du dich je mit deinem Nervensystem auseinandergesetzt und weißt, wie du dieses regulieren kannst? Wenn du gerade in einer Situation bist, in der du Angst hast und Versagensangst spürst, dann ist dein Nervensystem vermutlich beunruhigt. Durch verschiedene Techniken kannst du dieses wieder beruhigen. Dazu zählt auch deine Atmung. Eine super Technik ist dabei die 4-7-8 Atmung. Bei dieser atmest du vier Sekunden ein, sieben Sekunden hältst du deinen Atem an und acht Sekunden lang atmest du aus. Das versuchst du dann für mindestens vier Wiederholungen. Diese Atmung hilft dabei, deinen Herzschlag zu verlangsamen, deinen Blutdruck zu senken und insgesamt ein Gefühl von Entspannung in Ruhe in dir auszulösen.
3. Hinterfrage deine Gedanken
Wenn dir das alles nicht zu viel wird, dann kannst du dich intensiv mit deinen Gedanken auseinandersetzen. Ein Journal kann dabei helfen. Du kannst deine Gedanken und Ängste hier aufschreiben und dich dann fragen, woher diese Gedanken kommen und sie mit Fakten, die du kennst, widerlegen. So kannst du deine Gedanken hinterfragen und an ihnen arbeiten.
4. Sprich mit einem Experten oder einer Expertin
Manchmal drehen sich unsere Gedanken so sehr im Kreis, dass wir allein nicht mehr weiterkommen. Das ist okay, denn du musst da nicht alleine durch. Du kannst dich an Menschen wenden, denen du vertraust, zum Beispiel an Freund:innen oder Familienmitglieder. Und manchmal ist es hilfreich, zusätzlich mit einer professionellen Begleitperson zu sprechen.
Digitale Angebote wie Online-Beratung auf BetterHelp bieten dir die Möglichkeit, in deinem eigenen Tempo und von einem vertrauten Ort aus über deine Gedanken zu sprechen – ganz ohne Druck. So kannst du Klarheit gewinnen, neue Perspektiven entwickeln und gezielt Strategien finden, die dir guttun.
5. Setze dir Ziele
Beweise dir selbst, dass du keinen Grund zu Versagensängsten hast. Setze dir dafür realistische Ziele und hake sie ab, wenn du sie erreicht hast. Das gibt dir Fakten, die dir zeigen, dass du Dinge schaffen kannst. Aber normalisiere auch, dass niemand perfekt ist. Es ist absolut okay, Fehler zu machen. Wirklich alle Menschen machen Fehler. Das gehört zum Leben dazu. Frage deinen Bekanntschaftskreis, ob ihr vielleicht offener über Erfolge und Misserfolge sprechen könnt. Das wird euch näher zusammenbringen und beweisen, dass das Leben einfach für alle aus Höhen und Tiefen besteht. Wir befinden uns alle in einem Lernprozess und das hat auch schöne Seiten, wenn man es gemeinsam mit den liebsten Menschen lernt.
Positive Affirmationen im Alltag
Dir jeden Tag zu sagen, dass du alles schaffen kannst, was du dir vornimmst, kann für jemanden mit Versagensängsten klingen wie ein schlechter Scherz. Tatsache ist aber, dass es Studien gibt, die belegen, dass positive Affirmationen wirklich einen positiven Unterschied machen können. Wenn du deinem Unterbewusstsein jeden Tag sagst, dass du alles schaffen kannst, dann wird es dir früher oder später glauben.
Weitere Wege, um mit Versagensangst umzugehen
Wenn dich deine Versagensgedanken im Alltag stark belasten, kann dir professionelle Online-Unterstützung helfen. Digitale Angebote ermöglichen es dir, in deinem eigenen Tempo an deinen Herausforderungen zu arbeiten, flexibel und von überall aus.
Studien zeigen, dass Online-Begleitung genauso wirkungsvoll sein kann wie persönliche Gespräche vor Ort. Besonders, wenn du das Gefühl hast, deine Gedanken drehen sich immer wieder im Kreis, kann der Austausch mit einer geschulten Fachperson neue Klarheit bringen.
Fazit
Was steckt hinter Versagensangst?
Hinter Versagensangst können verschiedene Dinge stecken, z. B. Perfektionismus, ein geringes Selbstwertgefühl, negative Erfahrungen in der Vergangenheit und Angst vor Beurteilung oder Ablehnung durch andere. Sie kann auch durch den Wunsch nach Kontrolle, sozialen Druck und existenzielle Sorgen um das Selbstwertgefühl bedingt sein. Menschen mit erhöhter Ängstlichkeit oder Stressempfindlichkeit neigen auch eher zu Versagensängsten. Um diese Angst zu überwinden, muss man oft Selbstmitgefühl entwickeln, negative Überzeugungen in Frage stellen und Fehler als Chance für Wachstum sehen.
Was kann man gegen Versagensangst tun?
Es gibt verschiedene Dinge, die du tun kannst, um mit Versagensangst umzugehen. Es ist sinnvoll, wenn du lernst, wie du dein Nervensystem in solchen Situationen beruhigen kannst. Aber auch eine therapeutische Begleitung kann dir helfen.
Was passiert im Körper bei ständiger Angst?
Wenn deine Angst dich so belastet, dass du sie jeden Tag spürst, dann kann sie deinen Alltag sehr einschränken und sich auch durch weitere Symptome äußern, die über das flaue Gefühl im Magen hinausgehen. Dazu zählen Benommenheit, Mundtrockenheit, Hitzewallungen, Muskelverspannungen und Herzklopfen.
Woher kommt die Angst, nicht gut genug zu sein?
Woher die Angst genau kommt, lässt sich leider nicht für jeden Menschen gleich beantworten. Für die Antworten muss man gegebenenfalls tiefer graben. Dabei kann eine therapeutische Begleitung hilfreich sein.
Wie geht man mit der Angst um, nicht gut genug zu sein?
Wenn dich die Angst, nicht gut genug zu sein, im Alltag betrifft, dann brauchst du natürlich Methoden, um mit diesem Gefühl umzugehen. Manchen Leuten hilft es, ihre Gefühle aufzuschreiben. Andere Menschen telefonieren dann gerne mit einer Person, die ihnen am Herzen liegt. Wichtig ist, dass du für dich die Methoden findest, die dir in solchen Situationen wirklich helfen.
Was wirkt sofort angstlösend?
Es gibt Medikamente, die angstlösend wirken. Diese musst du aber von einem Arzt oder einer Ärztin verschrieben bekommen. Außerdem ist es gut, wenn solche Medikamente auch von einer Gesprächstherapie begleitet werden.
In welchem Organ sitzt die Angst?
Angst entsteht in deinem Gehirn. Für manche Menschen fühlt sich das aber ganz anders an. Einige beschreiben ihre Angst als ein Druckgefühl in der Brust und wieder andere bekommen Magenkrämpfe, sodass sie denken, dass die Angst im Darm liegt.
Welches Hormon fehlt bei Angst?
Die Aussage, dass bei Angst spezifische Hormone „fehlen“, ist irreführend. Angststörungen sind vielmehr mit Dysregulationen in bestimmten Neurotransmittersystemen und Gehirnregionen verbunden. Studien zeigen, dass es weniger um ein absolutes Fehlen von Serotonin, Noradrenalin oder Gamma-Aminobuttersäure (GABA) geht, sondern um die Art und Weise, wie diese Neurotransmitter in Schlüsselregionen des Gehirns wie der Amygdala oder dem präfrontalen Cortex wirken. Angst kann durch eine Hyperaktivität der Amygdala oder eine verminderte Regulierung durch den präfrontalen Cortex entstehen (siehe: https://doi.org/10.1101/lm.044115.116)
Wie kann man aufhören, vor allem Angst zu haben?
Du kannst aufhören, vor allem Angst zu haben, indem du dich mit der Angst beschäftigst. Woher kommt sie und was löst die Angst aus? Was sind Trigger in deinem Leben und wie kannst du diese bestenfalls vermeiden? Was sind Methoden, die dir in Angstsituationen wirklich helfen?
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