Helfersyndrom: Was du tun kannst, um dein Selbstwertgefühl zu steigern
Mit ‚Helfersyndrom' wird das tiefe Bedürfnis, anderen zu helfen bezeichnet – oft auf Kosten des eigenen Wohlbefindens oder sogar der eigenen Gesundheit. Ein Mensch, der unter dem Helfersyndrom leidet, fühlt sich oft nur dann wertvoll, wenn er anderen nützlich sein kann. Der Selbstwert entsteht also nicht aus dem Selbst heraus, sondern über den Umweg.
Der Begriff wurde maßgeblich vom Psychologen Wolfgang Schmidbauer geprägt. Obwohl Hilfsbereitschaft grundsätzlich eine sehr wertvolle und gesunde Eigenschaft ist, können die Auswirkungen eines ausgeprägten Helfersyndroms schwerwiegende Probleme bereiten. Wir schauen uns die Ursachen an und finden Wege, das Selbstwertgefühl zu steigern und die Burnout-Gefahr zu verringern.
Was ist das Helfersyndrom?
Das Helfersyndrom beschreibt die Tendenz, sich über das Helfen zu definieren und anderen Menschen – oft auf Kosten der eigenen Energie – Hilfe anzubieten. Die Ursache für das übertriebene Anbieten (Anbiedern) von Hilfe liegt häufig in einem geringen Selbstwertgefühl begründet. Der Hilfeleistende erfährt Anerkennung, die er sich selbst nicht geben kann. Die Ursachen dafür liegen meist in der Kindheit.
Hilfe wird dabei oft zu einer Lebensaufgabe, die der Altruist annimmt, ohne auf die eigenen Bedürfnisse zu achten.
Gerade in den helfenden Berufen wird deutlich, dass die Diskrepanz zwischen helfen und sich helfen lassen ein entscheidendes Merkmal beim Helfersyndrom ist. Ärzt:innen, Krankenpfleger:innen, Sozialarbeiter:innen, Lehrer:innen, Psycholog:innen und weitere Berufsgruppen haben das Helfen zu ihrer Aufgabe gemacht – die wenigsten Menschen, die diese Berufe ausführen, kommen auf die Idee, selbst um Hilfe zu bitten und diese anzunehmen. Die eigene Hilfebedürftigkeit wird verharmlost und verdrängt, wie es Wolfgang Schmidbauer in seinem Buch ‚Hilflose Helfer' beschreibt.
Was treibt Menschen dazu, helfende Berufe zu ergreifen? Ist es eine intrinsische Motivation aufgrund einer Bestandsaufnahme (es fehlen Ärzt:innen – also werde ich Ärzt:in) oder spielen vielleicht häufiger als man denkt, andere Gründe eine Rolle? Gründe, die im Unterbewusstsein der Personen, die in solchen Berufen tätig sind, zu suchen sind.
Ursachen des Helfersyndroms
Wer in seiner Kindheit wenig unaufgeforderte Anerkennung bekommen hat, wer stets bemüht ist, die Kontrolle zu haben oder für andere bedeutsam zu sein – der entwickelt unter Umständen ein Helfersyndrom. Hilfsbereitschaft wird in vielen Gesellschaften idealisiert – auch das kann dazu beitragen, dass Menschen ein Helfersyndrom entwickeln.
Um bei dem obigen Beispiel zu bleiben: der Arztberuf und alle anderen genannten sind gesellschaftlich hochstehende Berufe. Die Anerkennung ist dem Ausübenden also gewiss.
Anzeichen eines Helfersyndroms
- Fühlst du dich nur wertvoll, wenn du etwas für jemand anderen tust?
- Stellst du deine Bedürfnisse immer hinten an?
- Fühlst du sich schuldig, wenn du keine Hilfe anbieten kannst?
Wenn du diese drei Fragen mit ‚Ja' beantwortest, dann leidest du eventuell an einem Helfersyndrom.
Die Auswirkungen eines Helfersyndroms
Über die Jahre kann ein ausgeprägtes Helfersyndrom zu Beschwerden führen, die sich emotional und eventuell auch körperlich manifestieren.
So steigt zum Beispiel die Burnout-Gefahr durch ständige Hilfsbereitschaft. Permanentes Geben, ohne Rücksicht auf die eigenen Bedürfnisse, erhöht das Risiko für einen Burnout. Hierbei entsteht die Erschöpfung nicht nur aus Überarbeitung, sondern aufgrund der Belastung, die entsteht, wenn man immer für Hilfeempfänger:innen verfügbar ist. Wobei Überarbeitung eine Folge der permanenten Verfügbarkeit ist.
Das Selbstwertgefühl wird zudem nachhaltig beeinträchtigt, wenn Helfende vergessen, wer sie unabhängig von ihrer Rolle als Samariter sind. Der Verlust der eigenen Identität ist die Folge. „Wer bin ich, wenn ich niemandem helfe?“ wird zu einer Frage, auf die es keine Antwort mehr gibt.
Strategien, um das Selbstwertgefühl zu stärken
Um die negativen Folgen vom Helfersyndrom zu vermeiden, hilft es an der eigenen Balance zu arbeiten. Betroffene können sich mit sich selbst beschäftigen und herausfinden, wer sie sind, wenn sie nicht im Dienste der Allgemeinheit stehen. Finde etwas, womit du dich in deiner Freizeit beschäftigst, das nichts mit Hilfeleistung zu tun hat. Es hilft eventuell, wenn du dich davon überzeugen kannst, dass du niemandem eine Hilfe sein kannst, wenn du am Ende der Kräfte und ausgebrannt in eine Depression fällst.
Die eigenen Bedürfnisse wahrnehmen
Wie immer, steht die Wahrnehmung an erster Stelle, nur was mir bewusst ist, kann ich ändern. Erkenne deine Bedürfnisse, und erkenne sie an. Lerne diese zu respektieren (Grenzen setzen) und durchzusetzen. Wenn Hilfsbereitschaft und Selbstfürsorge die Waage im Gleichgewicht halten, dann ist ein gesunder Zustand erreicht, der weder auf die eine noch die andere Seite zu weit ausschlägt.
Sich selbst lieben
‚Nur, wer sich selbst liebt, kann einen anderen lieben': bei diesem Satz geht es darum, den Grundgedanken von bedingungsloser Akzeptanz zuzulassen. Es ist nicht gemeint, dass man erst sich selbst lieben ‚muss’ – es reicht schon, mit sich selbst befreundet zu sein, um auf andere zuzugehen. Selbstliebe ist in diesem Sinne die Fähigkeit, seine Grenzen zu kennen und nicht dauerhaft zu überschreiten und sich an die erste Stelle zu setzen, ohne zum Egozentriker zu werden. Es soll hier niemandem geraten werden, sich in den Narziss der griechischen Mythologie zu verwandeln und so selbst zentriert durchs Leben zu gehen, dass niemand anderer darin Platz findet. Aber ebenso wenig ist das andere Extrem gutzuheißen, welches im Extremfall zu Krankheit führt und damit in unserer Gesellschaft zur Belastung aller.
Grenzen setzen
Ein Beispiel dafür ist die Erreichbarkeit, die heute durch den ubiquitären Einsatz von Mobilfunkgeräten völlig aus dem Ruder gelaufen ist. Lege fest, wann du erreichbar bist – vielleicht exkludiert das die Zeiten zwischen 22:00 und 8:00 Uhr und die Wochenenden. Dafür musst du dich weder entschuldigen noch rechtfertigen.
Lerne, dass es in Ordnung ist, auch mal ‚Nein' zu sagen. Grenzen setzen ist gesund und sichert dir die Bewunderung von Menschen, die nicht aus der üblichen Gemeinschaft der Nehmenden besteht, die dir sonst Anerkennung zollt, wenn du jederzeit verfügbar bist.
Unterstützung suchen und annehmen
Wenn du dich selbst als Altruist:in definierst, bedeutet das im Gegenzug nicht automatisch, dass du keine Unterstützung an nehmen darfst. Sprich mit Freund:innen, der Familie oder passenden psychologischen Berater:innen über deine Schwierigkeiten, dadurch erlangst du einen Einblick in andere Sichtweisen und kannst deine mentale Stärke ausbauen. Unterstützung erhältst du zum Beispiel über das Angebot von BetterHelp – flexibel und online, sodass du dein Zuhause nicht verlassen musst und Termine ganz individuell in den eigenen Kalender eintragen kannst.
Die Rolle der fachkundiger Unterstützung
Ein gezielter Ansatz bietet wertvolle Möglichkeiten, Menschen mit Helfersyndrom zu begleiten. Die kognitive-verhaltensorientierten Techniken unterstützen dabei, Verhaltensmuster zu reflektieren und Veränderungen anzustoßen. Die Wirksamkeit von Online-Beratungen ist inzwischen gut untersucht und wird bei vielen Anliegen und Herausforderungen uals ebenso hilfreich empfunden wie persönliche Gespräche vor Ort.
Fazit
Ein gesundes Maß an Hilfsbereitschaft ist wichtig und in der Gemeinschaft unabdingbar, um dabei zu sein. Gleichzeitig ist es wichtig, auf sich selbst zu achten, sich selbst an die erste Stelle zu setzen, denn nur, wenn es einem selbst gut geht, kann man für andere sorgen. Ein Elternteil, der bettlägerig ist, weil er oder sie an einem Burnout leidet oder Depressionen hat, ist keine große Hilfe für die eigene Familie.
Das Überwinden des Helfersyndroms ist ein Prozess, der Zeit und Geduld erfordert. Lerne, deine eigenen Bedürfnisse nicht immer hinten anzustellen, sondern ernst zu nehmen und sie zu befriedigen. Wenn du denkst, dass das Helfen dein Bedürfnis ist, dann mag das richtig sein – dennoch ist es wichtig, andere Bedürfnisse zu identifizieren und ihnen gerecht zu werden. Du gewinnst dadurch Energie und Lebensfreude und bist dann wieder in der Lage, anderen in Maßen zu helfen.
Wie äußert sich ein Helfersyndrom?
Menschen, die es anderen immer recht machen möchten und dabei die eigenen Bedürfnisse in den Hintergrund stellen, könnten an einem Helfersyndrom leiden.
Was kann man gegen das Helfersyndrom tun?
Zunächst ist es wichtig, der Frage nach dem ‘Warum?’ auf die Spur zu kommen. Häufig geht es Menschen mit Helfersyndrom darum, Anerkennung zu gewinnen. Der primäre Fokus liegt also auf der Stärkung des Selbstwertgefühls und dem Setzen von Grenzen. Weitere Maßnahmen sind: sich fernhalten von Menschen mit Nehmer-Qualitäten und zu lernen, selbst Hilfe anzunehmen.
Was ist eine Helferpersönlichkeit?
Jemand, der Hilfe anbietet, die gar nicht erwünscht ist oder sinnvoll ist, haben eine Helferpersönlichkeit.
Welche Sternzeichen haben ein Helfersyndrom?
Angeblich haben im Tierkreiszeichen Schütze geborene einen Hang zum Helfersyndrom.
Habe ich ein Helfersyndrom?
Wenn Sie bei sich selbst beobachten, dass Sie ihre Bedürfnisse IMMER denen anderer unterordnen und deren Wünsche zu den ihren machen, dann leiden Sie eventuell unter dem Helfersyndrom.
Warum vernachlässige ich mich selbst?
Menschen mit wenig Selbstwertgefühl neigen dazu, sich selbst zu vernachlässigen.
Warum möchte ich anderen Menschen helfen?
Menschen wollen hilfsbereit sein, das ist zutiefst in unserer Natur verankert und gibt uns ein gutes Gefühl. Insofern ist nicht Schlechtes daran, hilfsbereit zu sein - ganz im Gegenteil. Die Waage kippt in dem Moment, wo Sie sich selbst vernachlässigen und anderer Wünsche zu den eigenen machen. Wenn Sie anderen helfen wollen, obwohl diese ihre Hilfe nicht möchten und Sie durch das Helfen nach Anerkennung streben - dann haben Sie ein geringes Selbstwertgefühl und können das ändern.
Wie nennt man Menschen, die sich um andere kümmern?
Pfleger, Samariter, Betreuer, Krankenpfleger … der Bezeichnungen gibt es viele - alle kennzeichnet ein gesunder Altruismus, der erst dann bedenklich wird, wenn Selbstaufgabe im Spiel ist.
Wann ist man hilfsbereit?
Immer dann, wenn Sie anderen etwas Gutes tun, indem Sie ihr Hilfe anbieten, sind Sie hilfsbereit. Der Nachbar braucht eine Gartenschere, hat aber keine eigene? Sie sind hilfsbereit und leihen ihm ihre aus. Ihr Schwester weiß nicht, wie man online einen Termin im Bürgerbüro ausmacht? Sie wissen, wie das geht und bieten ihre Hilfe an.
Wie nennt man Menschen, die immer helfen wollen?
Menschen, die immer helfen wollen und das quasi zu ihrer Lebensaufgabe gemacht haben, sind Altruisten oder auch Samariter.
Ist Altruismus angeboren?
Man geht heute davon aus, dass Altruismus ein Produkt der Evolution ist. In Gemeinschaften werden Individuen ausgegrenzt, die nicht hilfsbereit sind - und Gemeinschaft war und ist manchmal noch immer wichtig, um zu überleben.
Altruismus sorgt dafür, dass wir uns gut fühlen. Bei Menschen mit einer bestimmten Mutation eines Gens wird Dopamin, das durch die Hilfestellung ausgeschüttet wird, effektiver aufgenommen. Wenn man diese Gen-Mutation hat, ist man altruistischer als anderer, die sie nicht haben.
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