Dyskalkulie und Legasthenie: Was hinter der Lese-, Schreib- und Rechenschwäche steckt
In Deutschland spielen die akademischen Leistungen und schulische Erfolge eine entscheidende Rolle für die Zukunft. Deswegen können Herausforderungen, wie Dyskalkulie und Legasthenie eine schwere Belastung für Schüler:innen darstellen. Diese spezifischen Entwicklungsstörungen betreffen grundlegende Fähigkeiten, wie das Rechnen und Schreiben und wirken sich oft negativ auf das Selbstbewusstsein und die schulischen Leistungen der betroffenen Kinder aus.
Aber was steckt hinter diesen Lernschwierigkeiten? Welche Ursachen liegen ihnen zugrunde, und welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es, um Betroffenen eine positive Entwicklung zu ermöglichen? Dieser Artikel beleuchtet die komplexen Zusammenhänge zwischen der Neuropsychologie und der Erziehung, um Antworten auf diese Fragen zu geben und stellt Methoden vor, um Betroffene bestmöglich zu unterstützen.

Legasthenie und Dyskalkulie: Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Die Legasthenie, die als Lese- und Rechtschreibstörung (ICD-10: F81.0), klassifiziert ist, und Dyskalkulie haben viele Gemeinsamkeiten, da sie jeweils spezifische schulische Fähigkeiten betreffen. Beide Herausforderungen können auch gleichzeitig auftreten und sich gegenseitig verstärken. Im Folgenden schauen wir uns beide Lernbereiche und ihre Besonderheiten etwas genauer an:
Was ist Legasthenie?
Legasthenie ist eine spezifische Form der Lernschwäche, die sich in Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben äußert. Betroffene haben oft Probleme, Buchstaben und Laute korrekt zuzuordnen, was zu langsamen Lese- und Schreibfähigkeiten führt. Diese Schwierigkeiten sind nicht auf mangelnde Intelligenz zurückzuführen und können trotz angemessener schulischer Förderung persistieren.
Symptome von Legasthenie
Die Symptome der Legasthenie sind vielfältig. Zu den häufigsten gehören das langsame und fehlerhafte Lesen, Schwierigkeiten beim Erkennen von Wörtern, unregelmäßige Schreibweise und das Verwechseln von Buchstaben oder Silben. Auch das Verständnis von geschriebenen Texten kann beeinträchtigt sein, was zu Problemen beim Lernen führt.
Ursachen von Legasthenie
Die genauen Ursachen von Legasthenie sind nicht vollständig geklärt, jedoch spielen sowohl genetische als auch neurologische Faktoren eine entscheidende Rolle. Darüber hinaus wird angenommen, dass Unterschiede in der Gehirnstruktur und -funktion, insbesondere in den Bereichen, die für das Lesen und Schreiben verantwortlich sind, zu den Schwierigkeiten beitragen.
Was ist eine Dyskalkulie?
Dyskalkulie, auch als Rechenstörung oder Rechenschwäche bezeichnet, ist eine neuropsychologische Entwicklungsstörung, die im ICD-10 unter der Kategorie F81.2 klassifiziert wird. Sie beschreibt eine spezifische und erhebliche Beeinträchtigung der Rechenfertigkeiten, die nicht durch einen niedrigen Intelligenzquotienten oder unzureichende Bildung erklärt werden kann. Kinder mit einer Dyskalkulie haben oft Schwierigkeiten mit grundlegenden mathematischen Konzepten wie Zahlen, Mengen und Operationen, die weit über das normale Maß hinausgehen.
Die Symptomatik der Dyskalkulie
Betroffene einer Dyskalkulie zeigen spezifische Symptome, die sich bereits im Vorschulalter manifestieren können. Dazu gehören:
- Schwierigkeiten beim Zählen und Benennen von Zahlen.
- Probleme bei der Zuordnung von Mengen und Zahlen.
- Unsicherheiten bei der Anwendung grundlegender Rechenoperationen wie Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division.
- Schwierigkeiten beim Verstehen mathematischer Begriffe wie „gleich“, „größer“ oder „kleiner“.
Die Symptomatik kann variieren und wird oft von einer generellen Abneigung gegenüber Mathematik begleitet, was den Lernprozess weiter erschwert.
Diagnostik einer Dyskalkulie
Doch wie wird eine Rechenschwäche festgestellt? Die Diagnose einer Dyskalkulie erfordert eine umfassende Abklärung durch medizinische, pädagogische und psychologische Fachkräfte. Gemäß ICD-10 werden folgende Kriterien herangezogen:
- Die Rechenfertigkeiten des Kindes liegen signifikant unter dem Niveau, das für das Alter, die allgemeine Intelligenz und die Schulbildung erwartet wird.
- Die Schwierigkeiten können nicht allein durch eine allgemeine intellektuelle Beeinträchtigung erklärt werden.
- Die Herausforderung verursacht erhebliche Beeinträchtigungen im schulischen und sozialen Umfeld.
Außerdem können spezialisierte Tests, wie der Diskrepanztest eingesetzt werden, um die Diskrepanz zwischen den allgemeinen intellektuellen Fähigkeiten und den Rechenfertigkeiten zu messen.
Ursachen einer Dyskalkulie
Die Ursachen einer Dyskalkulie sind komplex. Neurowissenschaftliche Studien legen nahe, dass spezifische strukturelle und funktionelle Regionen im Gehirn von Kindern, die mit einer Dyskalkulie leben, eine atypische Entwicklung beim Erlernen numerischer Basiskompetenzen aufweisen. Zudem unterstützen Familien- und Zwillingsstudien die Annahme, dass eine Rechenstörung genetisch bedingt sein kann. Auch Umweltfaktoren spielen eine wichtige Rolle. Psychologische Faktoren wie geringes Selbstbewusstsein, Angst vor dem Rechnen, auch Matheangst genannt, und ein negatives Bild von Mathematik tragen dazu bei, dass sich die Probleme im Laufe der Zeit verstärken.

Was kann helfen bei Dyskalkulie und Legasthenie?
Der Umgang mit Dyskalkulie und Legasthenie erfordert einen multimodalen Ansatz. Zu den bewährten Unterstützungsformen zählen:
Spezialisierte Rechentrainingsprogramme: Diese Programme basieren auf der systematischen Übung grundlegender Rechenfertigkeiten und bauen schrittweise aufeinander auf. Ziel ist es, ein stabiles Zahlenverständnis zu entwickeln und mathematische Operationen sicher anzuwenden.
Strukturierte, gesprächsbasierte Unterstützung: Sie zielt darauf ab, das Selbstbewusstsein der Kinder zu stärken und negative Denkmuster zu überwinden. Dabei werden Strategien vermittelt, wie Kinder mit Frustration und Misserfolgen besser umgehen können.
Förderung motorischer und kognitiver Fähigkeiten: Zum Beispiel durch ergotherapeutische Übungen, die visuell-räumliche Fähigkeiten unterstützen und die Konzentration verbessern. Besonders Kinder mit zusätzlichen motorischen Auffälligkeiten können davon profitieren.
Elterntraining: Die aktive Einbindung der Eltern ist entscheidend, um den Förderprozess auch im Alltag zu unterstützen. Eltern lernen beim Elterntraining, wie sie ihre Kinder beim Übungsprozess motivieren und ermutigen können.
Digitale Unterstützung für Eltern
Eltern, die Unterstützung für ihre Kinder suchen, stehen oft vor der Herausforderung, passende Hilfe zu finden. Online-Beratungsplattformen können hier entlasten: Sie ermöglichen Gespräche mit erfahrenen psychologischen Berater:innen – flexibel und gut in den Familienalltag integrierbar. Dank individueller Terminvereinbarungen lassen sich die Gespräche unkompliziert in den Tagesablauf einbauen.
Wie unterstützt Online-Beratung Eltern?
Lass uns nun kurz darauf eingehen, wie eine psychologische Beratung die Eltern unterstützen kann.
Große Auswahl an Berater:innen: Eltern können auf Plattformen wie z. B. BetterHelp mit vielen, erfahrenen Berater:innen in Kontakt treten.
Flexibilität im Alltag: Gespräche sind zeitlich flexibel und können nach Bedarf in den Familienalltag integriert werden.
Emotionale Unterstützung: Besonders für Eltern, die sich durch die Diagnose ihres Kindes überfordert fühlen, kann Online-Beratung eine wertvolle emotionale Stütze sein.

Fazit
Dyskalkulie und Legasthenie bringen vielfältige Anforderungen mit sichs und erfordern eine spezialisierte und individuelle Behandlung. Eine frühzeitige Diagnose und gezielte Intervention sind essenziell, um betroffene Kinder effektiv zu unterstützen. Eltern spielen in diesem Prozess eine entscheidende Rolle. Sie sind nicht nur unterstützend an der Seite ihrer Kinder, sondern auch wichtige Begleiter im Lernalltag. Im Idealfall arbeiten Eltern, Lehrkräfte und weitere Fachpersonen eng zusammen, um Kindern mit Dyskalkulie oder Legasthenie die passende Unterstützung zu bieten und ihren individuellen Herausforderungen konstruktiv zu begegnen.
Wie macht sich eine Dyskalkulie bemerkbar?
Dyskalkulie zeigt sich durch eine langsame Bearbeitung von Mathematikaufgaben, oft unter Verwendung von Zählhilfen wie Fingern. Zahlen werden als Mengenangaben schwer erfasst, und die Umwandlung von Textaufgaben in numerische Form fällt schwer.
Was ist der Grund für die Dyskalkulie?
Die genaue Entstehung von Dyskalkulie ist nicht vollständig verstanden. Es wird jedoch angenommen, dass sowohl genetische als auch andere Faktoren daran beteiligt sind. Oft sind auch Familienmitglieder betroffen.
Ist eine Dyskalkulie heilbar?
Dyskalkulie kann nicht geheilt werden. Betroffene werden wahrscheinlich anhaltende Schwierigkeiten haben, können jedoch mit geeigneter schulischer Unterstützung und gegebenenfalls therapeutischen Maßnahmen erhebliche Fortschritte erzielen.
Wie finde ich heraus, ob mein Kind Dyskalkulie hat?
Anzeichen einer Dyskalkulie können Probleme beim Vergleichen von Zahlen, häufige Fehler beim Zählen von Gegenständen, falsche Zuordnungen von Mengen und Zahlen sowie Schwierigkeiten bei einfachen Rechenaufgaben sein, selbst wenn Hilfsmittel verwendet werden.
Ist Dyskalkulie eine psychische Störung?
Ja, die WHO erkennt Dyskalkulie international als psychische Erkrankung an.
Hat Dyskalkulie mit Intelligenz zu tun?
Die Schwierigkeiten bei den mathematischen Fähigkeiten stehen in keinem direkten Zusammenhang mit der Intelligenz.
Kann man mit Dyskalkulie ein normales Leben führen?
Ja, es ist möglich, ein normales Leben mit Dyskalkulie zu führen.
Was passiert im Gehirn bei Dyskalkulie?
Im Gehirn von Menschen mit Dyskalkulie funktionieren die zuständigen Regionen für Mathematik nicht optimal. Zudem sind die Verbindungen zwischen verschiedenen Hirnregionen, die beim Rechnen eine Rolle spielen, nicht so gut ausgeprägt.
Was ist der Unterschied zwischen Legasthenie und Dyskalkulie?
Dyskalkulie ergibt sich aus Defiziten in der numerischen Verarbeitung, während Legasthenie auf Probleme der verbal-phonologischen Verarbeitung zurückzuführen ist.
Wie therapiert man Dyskalkulie?
Die Therapie umfasst die Aufklärung von Eltern und Lehrern, gezielte Förderung der Rechenfähigkeiten, regelmäßige Beratung für Eltern und gegebenenfalls psychotherapeutische Maßnahmen.
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