Was Ghosting ist und warum manche Menschen einfach verschwinden

Fachlich geprüft von Dora Matis, Dr. med.
Aktualisiert 6. Oktober 2025 von BetterHelp Redaktionsteam

Ghosting ist ein junges Phänomen, das in der digitalen Gesellschaft häufig auftritt. 25% der Deutschen haben schon mal die Erfahrung gemacht, geghostet worden zu sein. Früher gab es das auch schon, aber wenn man im gleichen Dorf wohnte und sich immer wieder über den Weg lief, war es scheinbar einfacher zu verkraften, dass einer keinen Kontakt mehr möchte. 

In unserer zunehmend empfindsamen Population fällt es Menschen außerdem schwer, mit Ablehnung umzugehen. Auf der einen Seite scheinen wir empfindlicher zu werden, aber im gleichen Maße auch weniger empathisch. Ein Widerspruch? Nicht, wenn man das Leben als Balanceakt versteht, bei dem auf beiden Seiten der Waage gleich viel liegen muss.

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Was bedeutet Ghosting?

Beim Ghosting bricht eine der beiden in Kommunikation stehenden Personen abrupt den Kontakt ab. Die geghostete Person bleibt mit Fragen zurück. Es gibt keine Erklärung, kein ‘Entschuldige, aber ich finde, wir passen nicht zueinander.’ - nichts. Dabei ist das Ghosting nicht auf romantische Beziehungen beschränkt. Auch in freundschaftlichen und beruflichen Kontexten kann geghostet werden. Die ghostende Person ignoriert alle Nachrichten oder Versuche der Kontaktaufnahme der anderen Person und blockiert eventuell Social Media Konten. Für die geghostete Person besteht daher keine Möglichkeit, zu erfahren, was zum Kontaktabbruch führte.

Besonders häufig wird beim Online-Dating geghostet. Eine Dating App erleichtert dieses Verhalten, denn hier kann es leicht fallen, Menschen oberflächlich zu behandeln. Wer matcht, der chattet oder auch nicht, denn manchmal kommt es schon direkt nach dem Match zum Ghosten. Zum Beispiel, weil es einer Person nur um das Sammeln von Matches zur Aufpolierung des eigenen Egos geht. Aus dem Chat kann man sich dann auch einfach sang- und klanglos verabschieden - das ist ‘normal’. Keine Verbindlichkeit wird schnell zu Respektlosigkeit.

Ist Ghosting ein neues Phänomen?

Wie bereits erwähnt, ist Ghosting kein neues Phänomen - das Wort ist neu. Im Jahre 2015 wurde das Wort ‘Ghosting’ ins erste Wörterbuch übernommen. 
Irgendwie ist es leichter zu verkraften, dass etwas nicht funktioniert, wenn man die andere Person immer mal wieder auf den Radar bekommt. Vielleicht ist auch nur die Empfindsamkeit gestiegen, denn Resilienz ist erwiesenermaßen auf dem Rückzug. 

Warum ghosten Menschen andere Menschen?

Dafür gibt es mehr als nur einen Grund. Tatsache ist, dass es sich um ein unschönes und wenig empathisches Verhalten handelt. Die Gründe sind in der Persönlichkeit der ghostenden Person zu finden. Infrage kommen unter anderem die folgenden Gründe: 

Angst vor Konfrontation

Niemandem fällt es leicht, unangenehme Gespräche zu führen. Gerade deswegen gehen wir oft davon aus, dass jeder von uns damit achtsam umgeht - wissend, dass die Person  nicht alleine ist, wir alle im selben Boot sitzen und es auch dem Gegenüber nicht leicht fällt, diese Kommunikation zu führen. Bei vielen Ghostenden löst aber das Gefühl, jemandem sagen zu müssen, dass man keinen Kontakt mehr möchte, Angst und Überforderung aus.

Emotionale Unreife

Für jemanden ohne die notwendige emotionale Reife kann Ghosting die einfachste Lösung sein, den Kontakt zu beenden. Die offene und respektvolle Lösung, also das Suchen eines Gespräches, ist für diese Menschen nicht verfügbar. 

Sicherheitsbedenken

Bedrohliche oder toxische Situationen und Beziehungen können einen Menschen dazu veranlassen, den Kontakt abrupt abzubrechen. Hier ist das Ghosting eine absolut nachvollziehbare Schutzmaßnahme, die der eigenen Sicherheit dient.

Narzisstisches Verhalten und Ghosting: Hintergründe und Dynamiken

Jemand, der narzisstische Tendenzen hat, könnte ebenfalls zum Ghosting greifen. Der narzisstischen ghostenden Person ist nicht bewusst, dass die andere Person unter dem plötzlichen Kontaktabbruch leiden wird, denn das ist in ihrer Welt irrelevant. Der Fokus liegt dann darauf, dass die andere Person nervt und nicht mehr zum Wohlbefinden des narzisstischen Ghosters beiträgt.

Die Auswirkungen von Ghosting auf die betroffene Person

Bei der Person, die geghostet wird, kann dies von leichtem Irritiertsein bis zur Erschütterung des Selbstwertgefühls alles auslösen. Es kommt darauf an, welche Disposition diese Person mitbringt. Gab es bereits Einsamkeitsgefühle? Litt die Person bereits unter einem traumatischen Ereignis des Verlassenwerdens?

Wenn du ein Trauma erlebst, gibt es Unterstützung. Bitte besuche unsere Seite Jetzt Hilfe holen für weitere sofortige Hilfsangebote.

Ghosting kann bei der betroffenen Person zu unterschiedlich starken Beeinträchtigungen des emotionalen Wohlbefindens führen.

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Gefühl der Wertlosigkeit

Ghosting kann das Gefühl hinterlassen, nicht wichtig genug gewesen zu sein, um eine Erklärung zu erhalten. Diese Ablehnung kann das Selbstwertgefühl erheblich beeinträchtigen.

Fehlende Abschlussmöglichkeit

Das Fehlen einer Erklärung kann dazu führen, dass die betroffene Person keine Klarheit über die Situation und Motivation der ghostenden Person erhält. Es bleibt ein quälendes Gefühl der Unsicherheit, mit dem sich die  geghostete Person nun auseinandersetzen muss. Hilfe können der Freundeskreis oder die Familie bieten, die das Selbstwertgefühl der geghosteten Person wieder aufbauen kann. Wenn das nicht ausreichend ist, kann dich eine Online-Berater:in unterstützen. So kannst du als geghostete Personen mit einer einfühlsamen Person sprechen und erkennen, dass die Aktion weniger mit dir selbst als mit deinem Gegenüber zu tun hat. 

Weitere psychologische Folgen

Ghosting aktiviert oft eine intensive Selbstreflexion, bei der sich die betroffene Person fragt, was sie falsch gemacht hat. Die emotionale Reaktion ähnelt oft einer Trauerphase. Es braucht also eine Aufarbeitung des Geschehenen, die mit oder ohne Hilfe erfolgen kann. Um wieder zu mehr innerer Klarheit zu finden, kann es hilfreich sein, das Erlebte für sich zu reflektieren oder mit einer außenstehenden Person zu sprechen. Die Online-Beratung bietet hier eine niedrigschwellige Möglichkeit, um emotionale Belastungen zu verarbeiten. 

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Psychologische Erklärungen für Ghosting

Die Psychologie bietet verschiedene Erklärungsansätze, um zu verstehen, warum Menschen ghosten und warum das in manchen Situationen häufiger passiert.

Bindungstheorien und Ghosting

Einige psychologische Modelle wie die Bindungstheorie nach John Bowlby zeigen auf, dass unser Bedürfnis nach Nähe und Sicherheit früh im Leben geprägt wird. Menschen mit einem sogenannten vermeidenden Bindungsstil meiden oft intensive Nähe oder schwierige Gespräche – was auch zu plötzlichem Rückzug führen kann.

Die Forschung unterscheidet typischerweise diese Bindungstypen:

  • Sicherer Bindungstyp
  • Unsicher-vermeidender Bindungstyp
  • Unsicher-ambivalenter Bindungstyp
  • Desorganisierter Bindungstyp

Wie wir als Erwachsene mit Beziehungen umgehen, hat oft Wurzeln in frühen Beziehungserfahrungen – zum Beispiel im Gleichgewicht zwischen Fürsorge und Autonomie.

Die Rolle von Dating Apps

Moderne Dating Apps fördern kurzfristige Verbindungen und erschweren tiefergehende Beziehungen. Natürlich kennt jeder dieses Paar im Freundeskreis, das sich zum Beispiel auf Tinder gefunden hat und seit 4 Jahren verheiratet ist. Das ist jedoch eher die Ausnahme als die Regel.

Das Überangebot an potenziellen Partner:innen führt zur Austauschbarkeit und Kurzlebigkeit von Verbindungen ganz nach dem Motto: die nächste Person ist immer noch einen Swipe entfernt. In diesem Umfeld ist der Mensch hinter dem Profilbild austauschbar und kann einfach ohne Kommentar ‘ins Regal zurückgestellt’ - also geghostet - werden. 

Tipps zum Umgang mit Ghosting

Für den ‘Empfangenden’ von Ghosting ist es eine belastende Erfahrung. Diese kann jedoch gemildert werden, wenn wir uns die nachfolgenden Dinge zu Herzen nehmen und verinnerlichen, dass Ghosting nur in seltensten Fällen etwas mit uns und sehr viel mit der ghostenden Person zu tun hat. Für den Fall, dass wir Grenzen überschritten, gestalkt haben oder einfach zu nervig gewesen sind, wissen wir meist, wo unsere Beteiligung lag.

Keine Schuldzuweisungen

Meistens hat Ghosting nichts mit persönlichem Versagen zu tun. Wie bereits häufig in diesem Artikel erwähnt, sagt Ghosting mehr über die ghostende Person als über die geghostete Person aus. Schuldzuweisungen sind generell nicht förderlich, da wir damit die Verantwortung und Macht an andere abgeben. In dem Moment, wo wir Verantwortung für unsere Aktionen und Reaktionen übernehmen, sind wir der Freiheit ein Stück näher. 

Akzeptanz der Situation

Der emotionale Schmerz kann durch die Einsicht, dass es sich hier um eine Sackgasse handelt, gelindert werden. So weh es vielleicht im Augenblick auch tut, den anderen ziehen zu lassen, so gesund ist es. 

Unterstützung suchen

Freunde und Freundinnen, Familie oder eine einfühlsame außenstehende Person können helfen, die eigenen Gefühle zu verarbeiten und Selbstzweifel zu überwinden.

Lässt sich Ghosting vermeiden?

Im Leben gibt es keine Garantien. Wir können manchmal nicht beeinflussen, was auf uns zukommt. Wir haben jedoch immer die Kontrolle über unsere Reaktion. Durch klare Kommunikation und Menschenkenntnis können wir es vermeiden, zum Ghosting-Opfer zu werden. 

Schütze dich dadurch, dass du lernst, Grenzen zu setzen und dein Selbstwertgefühl steigerst. Wer ein gutes Selbstwertgefühl hat, ist weniger abhängig von der Anerkennung durch andere, führt ein freieres Leben und kann aus dieser Freiheit auf andere zugehen, ohne abhängig zu sein. Das macht sich auf der Schwingungsebene bemerkbar und die Menschen, die ghosten würden, bleiben fern.

Sei nicht zu hart mit dir selbst. Vergib dir, wenn du bereits geghostet wurdest - das Leben verläuft nicht linear und wir befinden uns in sich immer verändernden emotionalen Zuständen.

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Was tun, wenn du ghostest?

Versetze dich in die Lage der anderen Person. Gelange an einen Punkt, wo du empathisch empfinden kannst, dass Ghosting keine gute Sache ist. Überwinde deine Angst vor der Konfrontation. Wenn du den Kontakt abbrechen möchtest, ohne dich zu erklären, ist das deine Entscheidung. Sei dir aber bewusst, dass Unklarheit beim Gegenüber Schmerz und Verwirrung auslösen kann. Es ist möglich, eine Beziehung oder eine Freundschaft taktvoll zu beenden. Sag der anderen Person, was dich stört und warum du keine Zukunft für die Verbindung siehst. Sende dabei  Ich-Botschaften und halte dich fern von Schuldzuweisungen und Anklagen. Es kann der anderen Person helfen, ihre Handlungsweise zu verändern.

Fazit

Geghosted zu werden ist eine schmerzhafte Erfahrung, die ein Viertel der Bevölkerung in Deutschland in der Altersgruppe zwischen 18 und 33 sogar 80% schon gemacht hat. Die geghostete Person sollte sich jedoch vor Augen halten, dass Ghosting viel mehr über die ghostende Person  aussagt als über sie selbst. Oft handelt es sich um Personen mit Bindungsangst, Angst vor Konfrontation oder Menschen mit wenig Empathie, die ghosten. Sie verdienen unser Mitgefühl, denn meistens ist ihre Handlungsweise auf einen Mangel an Vertrauen oder narzisstisches Verhalten zurückzuführen. Ghosting lässt sich vermeiden, indem du an deinem Selbstwertgefühl arbeitest und Grenzen setzen lernst, sodass du Menschen mit Ghoster-Qualitäten keine Angriffsfläche bietest. Selbst, wenn du dann geghostet wirst, fällt es dir leichter,  zu vergeben (dir selbst und der anderen Person) und die Erfahrung hinter dir zu lassen.

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